fremden Land Fuß zu fassen, aus jungen Intellektuellen schwer arbeitende Bauern zu machen, eine erste rudimentäre Armee zur SelbstVerteidigung zu schaffen, Krankheit und Hunger zu bekämpfen, betrachteten sie die arabische Frage immer noch als eine Frage von geringerer Wichtigkeit und hofften vielleicht, dass das Problem, indem sie es ignorierten, sich von selbst lösen würde.

Während sie die Frage nach dem Verhältnis zu den Arabern leichtnahmen, bemühten sich die zionistischen Führer mit allen Kräften darum, die Unterstützung wenigstens einer Weltmacht zu gewinnen. Herzl selbst hatte niemals daran gedacht, seinen Judenstaat durch ein einfaches fait accompli zu schaffen. Er dachte in den Begriffen der großen kolonialen Unternehmungen, der Chartered Companies. Er

träumte davon, die Bewegung in eine große Chartered Company umzuwandeln, die sich von allen bisher bestehenden derartigen Gesellschäften dadurch unterscheiden sollte, dass sie nicht Eigentum gewinnsüchtiger, auf Ausbeutung erpichter Kapitalisten wäre, sondern Eigentum eines Volkes, dessen ganzes Streben darauf ausgerichtet war, Wurzel zu fassen. Es war ein schöner Gedanke, eindrucksvoll in seiner Naivität.

Auf dem Ersten Zionistenkongress war die Forderung nach einer "öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte der Juden in Palästina" aufgestellt worden. "Gesichert" sollte sie sein durch eine Charta der Völkergemeinschaft oder durch eine Weltmacht. In der Erlangung dieser Charta sah Herzl sein Lebenswerk, und seine Nachfolger verfolgten das gleiche Ziel. Die erste Person, an die man sich wenden konnte, war offensichtlich der türkische Sultan. Herzl versuchte Abdul Hamid von seiner Idee zu überzeugen. Er vergaß dabei völlig, dass dieser blutige Potentat allgemein von seinen arabischen Untertanen als brutaler Unterdrücker gehasst wurde. Herzl ging nach Konstantinopel und wurde vom Sultan am 17. Mai 1901 empfangen, jedoch nicht in seiner Eigenschaft als Abgesandter der Zionisten, sondern als Journahst. In einem zweistündigen Gespräch bot er dem Sultan die Hilfe des Weltjudentums bei der Lösung der chronischen türkischen Geldschwierigkeiten an. Später wiederholte Herzl denselben Vorschlag gegenüber mehreren hochgestellten osmanischen Beamten.

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