der Diaspora weit überlegen und bringen ihnen bestenfalls eine patronisierende, ja koloniale Haltung entgegen.) Jetzt, mit der Nachricht über den Massenmord, empfanden die älteren Zionisten in Israel, erfüllt von Schuld- und Reuegefühlen, das Leben ihrer Jugend in den Gettos, die so grausam vernichtet worden waren, als schön, wohltuend und harmonisch. Die jüdische Religion stand wieder in hohem Ansehen.

Das Nationalgefühl flammte auf. Der Staat musste kommen, jetzt. Der Irgun und die Stern-Gruppe verschärften ihren Guerillakrieg gegen die Briten, manchmal in Zusammenarbeit mit der Haganab, manchmal von ihr gebrandmarkt und verfolgt. Die Haganah organisierte die illegale Einwanderung, die bereits zuvor von Jabotinski eingeleitet worden war, und gab ihr dramatische Ausmaße. Die tapferen Blockadebrecher mit ihrer Ladung menschlichen Elends - Unglücklicherweise in Hollywood als Kitsch in Exodus von Leon Uris verfilmt - rührten an das Gewissen der Welt. Es wurde Großbritannien klar, dass es Palästina nur unter großen Kosten und Opfern würde halten können. Ein solcher Einsatz aber lohnte sich nicht, denn nach der neuen britischen Imperialstrategie war Palästina unwichtig geworden.

Als in der Mitte der vierziger Jahre ein Rückzug der Briten aus Palästina nicht mehr als unwahrscheinlich erschien, bekam plötzlich und zum ersten Mal - das arabische Problem in den Augen der Zionisten einen drohenden Aspekt. Ben-Gurion war einer der ersten, die dies erkannten. Genau zu diesem Zeitpunkt: hatte er einen weiteren Meilenstein in seiner Karriere erreicht, wiederum durch einen Todesfall. Nach der Ermordung von Arlosoroff wurde Ben-Gurion zionisrischer Ministerpräsident. Jetzt, nach dem natürlichen Tod von Eliahu Golomb, dem bescheidenen und geduldigen Gründer und geistigen Führer der Haganah, übernahm Ben-Gurion zusätzlich das Verteidigungsministerium. Als ein Krieg gegen die Araber unvermeidlich geworden war, unternahm es Ben-Gurion, ihn vorzubereiten. Dem

Mann, der jahrzehntelang gegen die Araber in den Orangenhainen von Petach-Tiqvah und auf den Feldern von Sejjera gekämpft hatte, unterstand nun das Kriegsministerium.

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