der angenehme Nagib nur eine Art Aushängeschild der ägyptischen Revolution war. Eine ganz andere Persönlichkeit schob sich langsam in den Vordergrund. Das war Bikbaschi (Oberstleutnant) Gamal Abdel-Nasser, ein hochgewachsener, gutaussehender und viel zu dynamischer junger Offizier.

Ben-Gurions Einstellung gegenüber diesem Mann scheint von Anfang an ambivalent gewesen zu sein, eine Einstellung, die sich auf ganz Israel übertrug und sich bis zum Ende nicht geändert hat. Es ist eine Mischung von Bewunderung und Hass, ein Gefühl, dass dieser Mann fähiger und darum auch gefährhcher als alle übrigen arabischen Führer ist. Dahinter stand die tief verwurzelte Überzeugung, dass ein Friede mit den Arabern unmöglich sei, weil die Araber nicht bereit wären und niemals bereit sein würden, Frieden zu schließen. Daher würden auch alle Bestrebungen um Einigung der Araber, um Fortschritt und wirtschaftliche Entwicklung - vielleicht durch Abd-elNasser - nur eine erhöhte Bedrohung für Israel bedeuten. (Wie die meisten Israelis, so war auch Ben-Gurion davon überzeugt, dass es einzig und allein Sache der Araber sei, Frieden zu schließen, und dass Israel nichts dazu tun könne. Friede, das bedeutete die Anerkennung des Status quo durch die Araber, eine Forderung, von der Israel nicht ablassen würde und auch nicht könnte.)

Abd-el-Nasser war tatsächlich das neue Gesicht des arabischen Nationalismus, eine Kraft, die man nicht länger übersehen oder bagatellisieren konnte.

Ein weiterer, weniger bewusster Umstand mag mitgewirkt haben. Ben-Gurion stand vor seinem siebzigsten Geburtstag. (Nasser war vierunddreißig.) Ben-Gurion mag gedacht haben, dass bald etwas geschehen müsse, bevor er selbst zu alt wäre, Israel in die endgültige Auseinandersetzung mit der arabischen Welt zu führen.

Das erste Problem jedenfalls, mit dem sich das neue ägyptische Regime beschäftigte, war die Vertreibung der britischen Armee aus ihren großen Militärbasen in der Suez-Kanal-Zone. Das war schon immer der Traum der Ägypter gewesen. Die Anwesenheit der britischen Armee auf ägyptischem Boden war eine ständige Erinnerung an die Demütigungen, die Ägypten erlitten hatte, seit sich die Briten Ende

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