von Staat und Armee. Dieses Ideal wurde von Leuten wie Hegel systematisiert, es nahm Gestalt an in der Person Friedrichs des Großen, des "ersten Dieners des Staates", es wurde romantisiert von den Dichtern. Doch ehe dieses Ideal in zerstörerischen Militarismus ausartete, war es lange Zeit eine Notwendigkeit. "Der Soldat ist der beste Mann im Staate" - war eine Realität; denn das Leben jedes einzelnen hing davon ab, dass es Soldaten gab, die bereit waren, unter Einsatz ihres Lehens das Land zu schützen.

All das trifft - sogar in noch stärkerem Maße - auf das Israel von heute zu. Wir sind von Feinden umgeben, die, bis an die Zähne hewaflnet, ihre Absicht verkünden, unseren Staat zu vernichten. Kein natürlicher Schutzwall verteidigt die alten Grenzen Israels. Israel liebt seine Armee, und die Offiziere werden tatsächlich als die besten Männer im Staate angesehen, weil Israel augenscheinlich nicht einen einzigen Tag ohne sie existieren könnte. Vor einigen Jahren protestierte ein Humanist gegen ein Anwerbungsplakat der Armee mit dem Wortlaut: "Die Besten werden Flieger." Doch am 5. Juni 1967 rettete eine Handvoll Flieger den Staat Israel.

Als Rudolf Augstein die Ereignisse, die zum Sechs-Tage-Krieg führten, mit dem verglich, was sich am Vorabend des Ersten Weltkrieges zugetragen hatte, hatte er vollkommen recht. Gemäß dem SchliefFen-Plan musste Deutschland die französische Armee vernichten, bevor die Russen Zeit hatten, zu mobilisieren. Als der Zar den Mobilisiertingsbefehl gab, musste die deutsche Armee angreifen. Sie begann damit einen Krieg, in dem zehn Millionen Menschen ums Leben kamen. Genauso war die israelische Armee gezwungen, zuzuschlagen, als ägyptische Truppen sich in Richtung Jordanien in Bewegung setzten und sich damit dem schmalen Gürtel von Israel näherten. Die Freiheit derWihl aller an diesem Drama Beteiligten war eng begrenzt, nicht nur durch die militärischen Gegebenheiten, sondem auch durch die von diesen Gegebenheiten geformte Volkspsychologie.

Die militärischen Tugenden des Kurfürsten degenerierten allmählich zu dem grotesken Militarismus des letzten Hohenzollern in seiner

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