ration stehen sie auf, um uns zu vernichten", sagt der heilige Text, der in jeder jüdischen Familie der Welt am Vorabend des Pessachfestes gelesen wird. ״Sie" sind selbstverständlich die ״Gojim", alle Gojim.

Juden wurden, so heißt es in der allgemein akzeptierten Erzählung, überall, immer und mit wenigen Ausnahmen verfolgt, luden mussten sich an jedem Ort und in jedem Augenblick gefasst machen, angegriffen zu werden. Es ist eine endlose Geschichte: Massaker, Massenvertreibungen, die Schlächtereien der Kreuzzüge, die spanische Inquisition, die russischen und ukrainischen Pogrome. Der Holocaust war nur ein Glied in dieser Kette, und wahrscheinlich nicht das letzte.

In der jüdischen Geschichtsschreibung begann die Geschichte der Opferrolle nicht einmal mit dem europäisch-christlichen Judenhass, sondern sie geht auf die (mythische) Geschichte der Knechtschaft der Israeliten in Ägypten, die Zerstörung des Tempels in Jerusalem durch die Babylonier und noch einmal durch die Römer zurück.

Vor ein paar Wochen wurde das fröhliche Fest Purim gefeiert. Es erinnert an die biblische (und mythische) Geschichte des Plans, alle Juden in Persien, heute Iran, zu töten. Das vereitelte eine hübsche und skrupellose junge Frau mit Namen Esther. (Am Ende waren es dann die Juden, die ihre Feinde töteten, darunter deren Frauen und Kinder.)

Die Erzählung von der sich unendlich fortsetzenden Opferrolle ist so tief in Bewusstsein und Unterbewusstsein eines jeden Juden verankert, dass schon der kleinste Zwischenfall eine unverhältnismäßig erscheinende Orgie des Selbstmitleides auslöst. Jeder Jude weiß, dass wir gegen eine feindliche Welt zusammenstehen müssen, dass der Angriff auf einen Ju-

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