Schon öfter wurde darauf hingewiesen, dass der moderne Zionismus die Stieftochter des modernen europäischen Antisemitismus sei. Tatsächlich wurde der Name ״Zionismus" nur ein paar Jahre, nachdem ein deutscher Ideologe den Ausdruck ״Antisemitismus" geprägt hatte, erfunden. Ohne den Antisemitismus, der Europa von den ״Schwarzen Hundertschaften" im zaristischen Russland bis zur Dreyfus-Affäre im republikanischen Frankreich überschwemmte, hätten die Juden sich ganz gemütlich weitere 2000 Jahre nach Zion gesehnt. Es war der Antisemitismus mit seiner Bedrohung durch künftige Schrecken, der sie hinaustrieb und der der Idee Glaubwürdigkeit verlieh, Juden müssten einen eigenen Staat haben, in dem sie Herren ihres eigenen Geschicks sein würden.

Die ursprünglichen Zionisten hatten nicht die Absicht, einen Staat aufzubauen, der eine Art Generalstab des Weltjudentums würde. Tatsächlich dachten sie, es werde nach der Staatsgründung kein Weltjudentum mehr geben. In ihrer Vision kamen alle Juden in Palästina zusammen und die jüdische Diaspora würde verschwinden. Das schrieb Theodor Herzl und daran glaubten David Ben-Gurion und Vladimir Jabotinsky.

Wenn es nach ihnen gegangen wäre, hätte es keine antisemitisehen Morde in Toulouse gegeben, weil es keine Juden in Toulouse gegeben hätte.

Ben Gurion übte äußerste Zurückhaltung darin, den amerikanischen jüdischen Zionisten zu sagen, was er von ihnen hielt. Er verachtete sie sehr. Ein Zionist, so glaubte er, habe nirgendwo anders irgendetwas zu tun als in Zion. Wenn er Benjamin Netanyahu hätte hören können, wie der Tausenden jüdischer ״Führer" in der AIPAC-Konferenz [American Israel Public Affairs CommitteeJ schöntat, wäre ihm das Kotzen gekommen. Und zwar durchaus verständlicherweise, weil diese Juden, die

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