sondern auch aus praktischen Gründen. In einem Krieg zwischen Nationen wird heutzutage ein Staat, bevor er sich auslöschen läßt, Massenvernichtungsmittel einsetzen und damit das ganze Gebiet in einen Friedhof verwandeln.

Die Unterwerfung eines Volkes durch ein anderes ist viel wahrscheinlicher. Tatsächlich eroberte Israel in der Zeit nach diesem Gespräch ganz Palästina und entwickelte sich rasch zu einem nahöstlichen Südafrika. Doch selbst wenn es Israel möglich wäre, Millionen von Palästinensern, eine stetig wachsende Minderheit, in totaler Unterjochung zu halten, ihnen alle Bürgerrechte und die meisten Menschenrechte zu verweigern, was wäre das für ein Israel? Es wäre in der Tat weit entfernt von dem idealen Gemeinwesen, das Herzl in seinem zweiten Buch "Altneuland" entwarf, dem er den Wahlspruch voranstellte: "Wenn Ihr wollt, ist es kein Märchen."

Die Idee, sämtliche Palästinenser aus Groß-Israel zu vertreiben - ein Gedanke, der in gewissen israelischen Kreisen immer mehr an Popularität gewinnt -, ist die einzige Möglichkeit, die Vorstellungen von Groß-Israel und vom Judenstaat zu vereinen, aber sie ist noch widersinniger. Selbst wenn die Austreibung der Palästinenser möglich wäre, würde sie zum ewigen Krieg zwischen Israel und der ganzen arabischen Welt führen und damit zurück zu Möglichkeit Nummer eins. Israel kann die Palästinenser nicht in die Wüste jagen, so wenig wie die Palästinenser die Israelis ins Meer werfen können. Die Vorstellung vom friedlichen Zusammenleben in einem Staate mag angenehmer sein, aber nicht realistischer. Niemand vermag zu sagen, wie sich die Beziehungen zwischen den beiden Völkern entwickeln werden, wenn es einmal Frieden gibt. Die ganze Welt kann sich verändern und wir mit ihr. Eines Tages mögen neue Formen des sozialen Zusammenlebens den Nationalismus ablösen, aber davon sind wir noch weit entfernt. Israelis und Palästinenser sind beide zutiefst nationalistische Völker, traumatisiert durch Erfahrungen - die Israelis durch den Holocaust und ihre nationale Leidensgeschichte, die Palästinenser durch die Demütigung des Kolonialismus und die spätere Vertreibung. Nach einem totalen Krieg, der sich jetzt über vier Generationen hinzieht, kann nicht über Nacht der totale Friede zustande kommen. Niemand kann wirklich glauben, daß in einem Groß-Palästina die Israelis gleichberechtigt wären oder daß in Groß-Israel die Palästinenser sich der Gleichberechtigung erfreuen könnten. Der Gedanke eines säkularen demokratischen Staates, in dem Israelis und Palästinenser friedlich Zusammenleben, ist bestenfalls verfrüht, schlimmstenfalls eine Tarnung für ganz andere Pläne.

So kamen wir zwei an unserem Pariser Restauranttisch also mit Hilfe des Eliminierungsverfahrens zu dem unausweichlichen Schluß, daß es keine andere Lösung gibt als die eine, die von der ungewöhnlich intelligenten Resolution der Vereinten Nationen von 1947 ins Auge gefaßt wurde, auch wenn die

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