1970, bald nach dem Schwarzen September, schlug Sartawi einen Weg ein, der ihn am Ende an ein unerwartetes Ziel führen sollte. Alles fing ganz harmlos an. Die Palästinenserbewegung war dabei, sich aus der Vormundschaft der arabischen Regime zu lösen und ihren authentischen palästinensischen Charakter wieder hervorzuheben. Die Entscheidungsfreiheit der Palästinenser wurde immer wichtiger, und damit erhoben sich viele Fragen an die Vergangenheit. Eine davon war eine Frage, die Palästinenser seit Jahren beunruhigte: Warum gestatten die Araberstaaten ihren Juden, ja, drängten sie geradezu, in den Judenstaat zu ziehen, wo sie die Reihen der israelischen Staatsbürger und Soldaten verstärkten, die nach Ausweitung des zionistischen Staatswesens auf Kosten der Palästinenser strebten? Ja, die meisten Araberstaaten legten zwar ein Lippenbekenntnis zur Befreiung Palästinas ab, aber in der Praxis taten sie alles, um ihre Juden dorthin zu schicken, und bereicherten sich dabei an deren zurückbleibendem Besitz.

An diese Fragen knüpfte sich der Gedanke, wenn man diese betrügerischen Manipulationen rückgängig machen könnte, würden die Juden aus arabischen Ländern dorthin zurückkehren, was den Zionistenstaat schwächen würde. Zu einer Zeit, in der die meisten Palästinenser noch auf die Auflösung Israels hofften, erschien dieser Weg einleuchtend. Die Fatahführung betraute Sartawi und Mahmoud Abbas ("Abu Maazen") mit der Aufgabe, diese Möglichkeiten auszuloten.

Sartawi, im Irak geboren, interessierte sich naturgemäß am stärksten für den Auszug der irakischen Juden. Sehr bald vertiefte er sich ganz in dieses geheimnisvolle Kapitel.

Zunächst einmal versuchte er herauszufinden, was eigentlich bei dem großen Bagdader Pogrom geschehen war, das zum Wendepunkt in der Geschichte des irakischen Judentums wurde. 1941, als die Nazis auf der Höhe ihrer Macht standen, hatte der irakische Nationalist Raschid Ali-al-Kilani einen Staatsstreich im Irak inszeniert und den britenfreundlichen Regenten vertrieben nebst seinem Mündel, dem Kindkönig, der ein Vetter des jordanischen Königs Hussein war. Im schnellen Gegenzug marschierte die in Palästina stationierte britische Armee im Irak ein und eroberte mit Hilfe jordanischer Einheiten und Mitgliedern des jüdischen Untergrunds in Palästina Bagdad zurück. Während die Briten sich Bagdad näherten, fand in der Stadt ein schreckliches Pogrom statt. Juden wurden erschlagen, Frauen vergewaltigt, Häuser niedergebrannt, Eigentum zertrümmert, es war eine Szene, die mehr dem zaristischen Rußland (wo das Wort Pogrom geprägt wurde) als der arabischen Welt zu entstammen schien. Allgemein wurde angenommen, daß dies ein letzter Racheakt der scheidenden achsenfreundlichen Nationalisten war, besonders da der entthronte Mufti von Jerusalem, Hadsch Amin - der als fanatischer Judenhasser galt -, sich damals als Gast der Kilani-Regierung in Bagdad aufhielt.

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