Für Sartawi sah anfangs alles ganz einfach aus. Er war amerikafreundlich, und das wußte jeder. Er kam, um den Amerikanern einen historischen Handel anzubieten: Die PLO wollte sich von den Sowjets ab- und dem Westen zuwenden; Amerika würde ihr helfen, einen Palästinenserstaat zu errichten; dieser Staat, geführt von der gemäßigten PLO und verbündet mit SaudiArabien und Ägypten, würde die Stabilität im Nahen Osten gewährleisten. Die PLO würde natürlich im Rahmen dieses Handels auf der Grundlage der Gegenseitigkeit Israel anerkennen.

Das alles war so vernünftig und logisch, daß Sartawi sich keinen klardenkenden Amerikaner vorstellen konnte, der einen solchen Vorschlag ablehnte. Die Alternative mußte für Amerikaner doch viel zu schrecklich sein, um überhaupt in Betracht zu kommen: Destabilisierung des Nahen Ostens, Revolution, Krieg.

Nur zu bald aber merkte Sartawi, daß er gegen eine Mauer anrannte. Subalterne Beamte hörten sich mit steinerner Miene an, was er zu sagen hatte. Die Medien boykottierten ihn und machten es ihm unmöglich, sich an die amerikanische Öffentlichkeit zu wenden. Jüdische Funktionäre wichen entsetzt zurück, wenn er sie anzusprechen versuchte. Die jüdische Lobby schrie auf bei dem Gedanken, daß man die PLO ein Büro in Washington eröffnen ließe - was ja der Hauptzweck des Besuches war.

Plötzlich ergab sich, daß mit den Pässen von Sartawi und Jiryes etwas nicht in Ordnung war. Kleine Unkorrektheiten. Die Geburtsorte waren ungenau. Sartawi reiste, wie immer, mit einem tunesischen Diplomatenpaß. Die Behörden aller Länder, in die er kam, wußten, wer er war - ein hoher Beamter der PLO, ein persönlicher Vertreter Yassir Arafats, den die befreundete tunesische Regierung mit einem Diplomatenpaß ausgestattet hatte, um ihm die Arbeit zu erleichtern. Den US-Behörden war das wohlbekannt, bevor er in die Staaten kam.

Aber als diese Fakten von interessierter Seite in die Presse lanciert wurden, brach ein wahrer Hexensabbat los. Das Außenministerium, das seinen Besuch zumindest stillschweigend begrüßt und Beamte geschickt hatte, die mit ihm sprachen, bat ihn nun diskret, zu verschwinden. Er wurde lästig. Sartawi weigerte sich rundheraus. Die Situation wurde mehr als peinlich, weil die US-Regierung keine Möglichkeit hatte, einen Amtsträger mit dem Diplomatenpaß einer befreundeten Nation abzuschieben. Kissinger persönlich mußte sich einschalten.

Was dann folgte, war diplomatisches Gezerre hinter den Kulissen, eine so unerhörte Geschichte, daß ich sie zuerst nicht geglaubt habe. Ich würde mir überlegen, ob ich sie überhaupt erzählen soll, wenn ich mir nicht der Fakten sicher wäre.

Amerikanische Behörden wandten sich an die tunesische Regierung und baten sie, im Interesse der Freundschaft zwischen beiden Ländern, Sartawi zurück-

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