Was waren Kaddumis Motive? Es konnte keinen Zweifel geben, daß sein Dementi darauf abzielte, Sartawis Bemühungen und unsere eigene Position in Israel so wirksam zu vernichten, als hätte er uns Bomben unter die Stühle gelegt. Die Kontakte damals waren ein zartes Pflänzchen. Die Vorstellung, Israelis könnten es wagen, sich mit Vertretern der "Terroristenorganisation" zusammenzusetzen, war noch so revolutionär, daß viel weniger als ein so verletzendes Dementi ausgereicht hätte, die Kontakte zu vernichten. Hätte er lediglich die falschen Fakten berichtigen wollen, die sich in die Meldungen der Nachrichtenagenturen eingeschlichen hatten, so hätte er das in anderer Form tun können, in anderen Formulierungen. Stattdessen stieß er uns das Messer in den Rücken.
Wahrscheinlich war es bei Kaddumi eine Kombination von Motiven. Als PLO-Politiker glaubte er, die Zeit sei noch nicht reif für einen Schritt zum Frieden, den Syrien und die Sowjetunion nicht billigten. Er war und blieb ein Gegner einseitiger Schritte, die aussahen, als gäbe man etwas ohne konkrete Gegenleistung aus der Hand. Er ärgerte sich auch über Sartawi, einen Mann, der außerhalb der Bürokratie und der politischen Hierarchie der PLO wirkte und als persönlicher Gesandter Arafats im Namen der Fatah Diplomatie betrieb - einer Organisation, deren Mitbegründer Kaddumi selbst war. Von keinem Außenminister kann man erwarten, daß er besonders begeistert ist über die Aktivitäten eines reisenden Botschafters, der unter Umgehung der Kompetenz seines Ministeriums dem Staatschef persönlich unterstellt ist.
Das alles war verständlich, aber die Folgen waren für uns wie auch für das palästinensische Volk ganz fatal, wie ich glaube. Wir standen vor dem Beginn eines historischen Wahlkampfes. Zum ersten Mal bestand eine gute Chance, eine wirksame politische Kraft zu schaffen mit einer Plattform, zu der unter anderem auch die Forderung nach israelischen Verhandlungen mit der PLO zum Zwecke der Schaffung eines Palästinenserstaates an der Seite Israels auf der Basis gegenseitiger Anerkennung gehörte.
Wie unsere Pressekonferenz gezeigt hatte, war in Israel die Zeit dafür reif. Es sah so aus, als hätten wir einen historischen Durchbruch auf dem Weg zu israelisch-palästinensischen Verhandlungen erreicht, und über Nacht wurden wir zu Helden. Die Massenmedien widmeten uns Schlagzeilen, das ganze Friedenslager war wie elektrisiert, die Stimmung bei vielen, die schon am Frieden verzweifelten, schwang sich auf. Hätten sich die Dinge in diesem Gleis weiterentwickelt, wäre die Möglichkeit, ja die Wahrscheinlichkeit groß gewesen, daß wir als wirkungsvolle Fraktion in die nächste Knesset einzogen, vielleicht die Zusammensetzung der nächsten Regierung verändern und gewiß einen direkten Einfluß auf die israelische Politik ausüben konnten.
Das alles zerstörte ein einziger Torpedo, der den Namenszug Farouk Kaddumis trug.