Heurigenlokale in Grinzing. In diesen Lokalen wird eine unglaubliche Auswahl an Würstchen angeboten. Man geht an die Theke, wählt aus, worauf man Appetit hat, bezahlt und setzt sich an einen Tisch. Dort bestellt man sich Bier oder besser Heurigen dazu, den frischen österreichischen Wein des Jahres.
Wir begaben uns zur Theke und konnten uns nicht entschließen, welche der köstlich aussehenden Würstchen - von denen keins für einen Juden koscher war oder für einen Moslem gestattet - wir nehmen sollten. Schließlich häuften wir Wurst auf Wurst, und die blauen Augen des österreichischen Mädchens hinter der Theke wurden in hemmungslosem Staunen immer größer, sehr zu Issams Vergnügen. "Wollen die Herren das alles essen?1 fragte das Mädchen, und Issam mit seinem holprigen Deutsch versprach es ihr. Ehe der Abend sich neigte, war auf den Tellern nichts mehr übrig.
Issam hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, täglich nur eine Mahlzeit zu sich zu nehmen, am Abend. Tagsüber rührte er überhaupt kein Essen an und behauptete mit der Autorität des Herzspezialisten, das sei eine gesunde Lebensweise. Zum Frühstück begnügte er sich mit einer Tasse Kaffee, während ich Schinken und Eier verspeiste.
Bei jenem Wurstessen mit manchem Glas Heurigen debattierten wir die Chancen für die Schaffung des Palästinenserstaates. Inzwischen machte sich keiner von uns noch viel Illusionen, wir kannten die gewaltigen Kräfte, die gegen diese und jede andere Lösung am Werke waren. Aber ich war optimistischer als er. Nach den ersten paar Gläsern schlossen wir eine Wette ab. Die Scheidelinie waren sieben Jahre. Ich sagte weniger, er sagte mehr. Also wetteten wir an diesem Abend im Januar 1979, daß der Palästinenserstaat bis zum Januar 1986 entstehen würde. Wenn nicht, dann hatte ich eine Flasche Whisky verloren.
An diesem Tage teilte ich ihm auch mit, daß ich im Begriff stand, nach fünfjähriger Pause in die Knesset zurückzukehren. Einer Rotationsvereinbarung entsprechend löste ich Lova Eliav nach zwei Jahren ab.
Unter anderem plante ich, am Rednerpult der Knesset im geeigneten Augenblick eine Palästinenserfahne neben einer israelischen zu zeigen. Deshalb bat ich Issam, mir eine kleine palästinensische Fahne aus Beirut mitzubringen. Er nahm am Palästinensischen Nationalkongreß in Damaskus teil und brachte mir danach tatsächlich die Fahne mit. Da Lova ihn immer gegen den Strich gebürstet hatte, war er froh, mich wieder in der Knesset zu sehen, wo ich unsere Position mit größtmöglicher Wirkung vertreten konnte. Die Aussichten für die Nationalkonferenz seien nicht begeisternd. Syrien und der Irak machten den Realisten mit vereinten Kräften Schwierigkeiten. "Sie wollen in Wirklichkeit gar keinen Palästinenserstaat", sagte Issam.
Ich warf ein: "Am Ende werden Sie feststellen, daß Israel ihr einziger wahrer Verbündeter ist."