verfolgt wird, dann werden wir die Weltöffentlichkeit mobilisieren." Jetzt war der Augenblick gekommen, ihn beim Wort zu nehmen. Am nächsten Tag rief ich in Wien an, und da ich Kreisky nicht antraf, unterrichtete ich Margit Schmidt über die Entwicklungen. Wenige Stunden später sprach ich mit dem Kanzler persönlich.
Für einen Monat verschwand Issam vollkommen von der Bildfläche. Kreisky tat sein Möglichstes und machte deutlich, daß, wenn Sartawi irgend etwas passierte, das unermeßlichen Schaden anrichten und alle Bemühungen Kreiskys zunichte machen würde, der PLO in der westlichen Welt Akzeptanz zu verschaffen, zudem würde alles zerstört, was wir in Israel aufgebaut hatten. Am 5. Januar tauchte Issam Sartawi wie von Zauberhand wieder auf, munter wie je. Er rief bei mir zu Hause an und hinterließ, da er mich nicht antraf, eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter. Als ich ihn am nächsten Tag in Paris anrief, klang er zuversichtlich und berichtete, daß die andere Seite ihren Kampf gegen ihn fortsetze, daß aber "die Mehrheit fest hinter unserer Tätigkeit steht. Nun, sie mußte ja einmal ans Licht kommen, und genau das machen wir, verstehen Sie... Es war schon ein kleines bißchen riskant."
Als wir diese Episode bei unserem nächsten Treffen durchsprachen, kam heraus, daß der Kreisky-Preis nicht der einzige Vorwand für den Angriff gegen Sartawi gewesen war. Es gab einen zweiten und vielleicht noch gefährlicheren.
Als Sartawi in Wien war, hatte Kreisky ihn gefragt, ob er mit dem ägyptischen Ministerpräsidenten Mustafa Khalil Zusammenkommen wolle, der sich gerade in Wien aufhielt. Das Treffen wurde unter höchster Geheimhaltung in Salzburg arrangiert. Niemand wußte davon, nur Khalil und Sartawi und natürlich Kreisky. Trotzdem erschien ein paar Tage später ein Bericht darüber in einer ägyptischen Zeitung. Begreiflicherweise entrüsteten sich die PLO-Radikalen, die darin einen Akt des Verrats sahen.
Sartawi war sicher, daß dies eine bewußte Provokation der Ägypter war, die darauf aus waren, Mord und Totschlag unter den Palästinensern zu schaffen, ohne Rücksicht auf die Gefahr für ihn. Bei meinen nächsten Aufenthalten in Ägypten sprach ich das mit unmißverständlichen Worten an. Die ägyptischen Beamten entschuldigten sich überschwenglich: Alles sei ein Mißverständnis, pure Dummheit. Aber es hätte Sartawi umbringen können.
Der größte Lichtblick an der Geschichte war, daß Arafat Sartawi von Anfang bis Ende gedeckt hatte. Er hatte klargestellt, daß Sartawi sein Mann sei und daß keiner es wagen solle, ihn anzurühren.
Wenn irgendjemand gehofft hatte, daß Issam Sartawi durch diese Erfahrung geduckt würde und an Profil verlöre, dann hatte er sich getäuscht. Es war genau umgekehrt.