Der 1. Januar 1981 schien ein Jahr der Erfolge zu versprechen. Er war außerdem Issams Geburtstag.

Am Sylvesterabend rief ich Rachel von seinem Büro aus an, um ihr ein glückliches neues Jahr zu wünschen. Abgesehen von Amnon Zichroni, meinem Freund und Anwalt, den ich auf jede Eventualität vorbereitet hatte, war Rachel der einzige Mensch, der wußte, daß ich nach Marokko flog, wo ich vollkommen von der Gnade der PLO abhing. Sie war glücklich, meine Stimme zu hören. Wir achteten auf unsere Worte, denn wir wußten, daß mindestens zwei Geheimdienste horchten, aber sie erkannte am Klang meiner Stimme, daß wir großen Erfolg gehabt hatten. Issam hatte übrigens darauf bestanden, daß wir neben anderen Geschenken im Flugzeug für unsere Frauen je eine Flasche kostbaren Parfüms kauften.

Während des Gesprächs übernahm Issam den Hörer, um Rachel ebenfalls ein gutes neues Jahr zu wünschen.

Ich verbrachte die Nacht in seinem Amt, das zwei Schlafzimmer hatte und wo ich mich behaglicher und sicherer fühlte als in einem Hotel. Das machte ich mir zur Gewohnheit bis zu Issams Tod, und oft wunderte ich mich, daß er mir so vollkommen vertraute und mich allein ließ in dem Büro mit seinen vielen Akten. Er selbst wohnte mit seiner Familie in der Nähe, und das Büro wurde generell von Fatah-Leibwächtern bewacht. Die israelische Propaganda hätte es wahrscheinlich als ein "Terroristennest" bezeichnet.

Am 1. Januar trafen wir uns alle, um den Kurs für die nächste Zukunft festzulegen. Matti wies darauf hin, daß der Israelische Rat für israelischpalästinensischen Frieden in Kürze seinen fünften Gründungstag mit einer Veranstaltung in Jerusalem begehen würde, und er bat Issam, dieser Veranstaltung eine Grußbotschaft zu senden. Sartawiging ins Nebenzimmer, komponierte in einer halben Stunde eine handschriftliche Grußbotschaft und kam wieder, um uns den Text zu zeigen. Er lautete:

"Aus Anlaß des fünften Jahrestages der Gründung des Israelischen Rates für israelisch-palästinensischen Frieden übermittle ich Ihnen meine herzlichste Gratulation und die besten Wünsche. Ihr tapferer Kampf für einen gerechten Frieden im Nahen Osten und der außergewöhnliche Mut, mit dem Sie anerkennen und vertreten, daß ein solcher Frieden nur durch die Verwirklichung der nationalen Rechte der Palästinenser unter Führung der PLO zu erreichen ist, haben sich den Respekt aller friedliebenden Kräfte der Welt erworben. Ich weiß, daß Sie einen hohen Preis für ihre mutige Haltung bezahlt haben, aber das müssen alle Pioniere und Visionäre, deren Opfer entscheidend sind für den geordneten Fortgang der Geschichte und die Entwicklung einer reiferen und verantwortungsvolleren Gesellschaftsordnung ebenso wie für fortschrittlichere Modelle der zwischenmenschlichen Beziehungen. Aber das Leiden war nicht allein auf Ihrer Seite, Ihre palästinensischen Partner hatten einen noch höheren und schmerzlicheren Preis zu zahlen. Kostbare Menschenleben gingen auf dem langen, mühevollen Weg zum Frieden verloren.

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