Fast zwei Jahre waren seit unserem Besuch in Rabat vergangen. König Hassan hatte uns damals versprochen, uns wieder einzuladen, und dann öffentlich. Die Intervention der Amerikaner, wie Issam meinte, hatte das verhindert. Jetzt plötzlich erhielten wir von Issam die Eilbotschaft: Kommen Sie sofort. Der König wünscht Sie zu sprechen.
Der Hintergrund war, wie wir später erfuhren, die fortschreitende Friedensoffensive der Fatahführung nach der Belagerung Beiruts, die ich in den folgenden Kapiteln behandeln werde. Arafat und Abu Maazen hatten den König gebeten, uns in aller Öffentlichkeit zu empfangen, um so den Boden zu bereiten für ein direktes und öffentliches Treffen zwischen ihnen und uns. Nachdem die ganze Welt erfahren hatte, daß ich während der Belagerung Beiruts bei Arafat war, sah König Hassan die Möglichkeit, dieser Bitte nachzukommen. Er werde sich in die Vereinigten Staaten begeben, um mit Präsident Reagan zu sprechen und in der Vollversammlung der Vereinten Nationen eine Rede zu halten, und bei dieser Gelegenheit werde er uns gern eine Audienz gewähren. Als Termin war, so hatte Issam es verstanden, der 21. Oktober 1982 vorgesehen, und wir eilten Hals über Kopf nach Paris, um uns von Issam informieren zu lassen, der nicht selbst in die Vereinigten Staaten fahren konnte, weil die Amerikaner sich immer noch weigerten, ihm ein Visum zu geben. Wir blieben den Tag über in Paris und flogen dann weiter nach New York. Dort, so wurde uns gesagt, werde ein Abgesandter des Königs uns in Empfang nehmen, und von da an seien wir Gäste Seiner Majestät.
Wir passierten am Kennedy-Airport die Paßkontrolle, warteten, bis unser Gepäck kam, und standen dann in einer langen Schlange an der Zollabfertigung an, eine anachronistische Prozedur, die eine Besonderheit der USA ist und ziemlich nervt. In der ganzen Zeit schweiften unsere Blicke ringsum durch die Halle und versuchten, einen marokkanisch aussehenden Herrn auszumachen. Als wir endlich durch den Zoll kamen, waren wir schon etwas nervös, aber dann tauchte ein junger Herr auf und begrüßte uns. Es war ein Beamter vom marokkanischen Konsulat.
Er eilte mit uns hinaus zu einer großen Luxuslimousine. In unserer flotten Art überschütteten wir ihn mit Fragen: Würde der König uns heute oder morgen empfangen, hätten wir wohl noch Zeit, uns umzuziehen, führen wir zuerst ins Hotel oder direkt zu Seiner Majestät? Der junge Herr lächelte höflich. Alles zu seiner Zeit, alles zu seiner Zeit. Seine Aufgabe war es, uns zum Waldorf Towers zu bringen. Alles andere würden wir dann schon erfahren.
Der Marokkaner war, wie sich erwies, Berber, und während der Fahrt nach Manhattan plauderte Matti Peled mit ihm auf Arabisch über Berberkultur und über marokkanische Juden. Zu unserer Überraschung erzählte uns der Konsularbeamte, daßjedes Jahretwa5.000 Israelis marokkanischer Herkunft Marokko besuchten, eine Tatsache, die in Israel nicht vielen bekannt ist.