Das Treffen in Tunis

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Als er Beirut verließ, stolz und unbesiegt, war Yassir Arafat entschlossen, voranzugehen und eine selbständige palästinensische Politik zu machen, um zu einer politischen Lösung zu kommen.

So paradox es klingt, Arafat war in der belagerten Stadt vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte der PLO wirklich unabhängig. Er war die Syrer los, die ihn auf dem Schlachtfeld alleingelassen hatten, indem sie am sechsten Kriegstag ein Waffenstillstandsabkommen mit den Israelis schlossen und die Palästinenser im Kampf sich selbst überließen. Die Reste der syrischen Armee in Beirut waren demoralisiert und Gegenstand von Hohn und Spott. Die Sowjetunion, die keinen Finger gerührt hatte, um den Palästinensern in ihrer dunkelsten Stunde zu helfen, war nicht in der Lage, irgendeinen Schritt zu verbieten. Arafat selbst hatte sich bei seinem Volk und in der arabischen Welt insgesamt immenses Prestige erworben, weil er bei seinen belagerten Truppen geblieben war, ihr Los geteilt und jeden Augenblick sein Leben riskiert hatte, wußte er doch, daß Hunderte von Falangisten und israelischen Agenten innerhalb der Stadt nach ihm Ausschau hielten.

Das kostbarste aller palästinensischen Besitztümer, das sie "die Entscheidungsfreiheit" nannten, schien ihm sicher. Das war es, was es ihm ermöglichte, mich öffentlich zu empfangen, danach einem israelischen Korrespondenten als Le Mo«Je-Vertreter ein Interview zu geben, dem amerikanischen Kongreßabgeordneten Paul McCloskey eine handschriftliche Erklärung zu überreichen, die PLO sei bereit, alle UN-Resolutionen zur Palästinafrage zu akzeptieren, und schließlich die Erklärung der drei prominenten Juden, die sich für gegenseitige Anerkennung zwischen Israel und PLO einsetzten, zu begrüßen.

Als Arafat Beirut verließ, behielt er seinen Kurs bei. Daß er nach Tunis ging und nicht nach Damaskus, war eine Unabhängigkeitserklärung. Er fuhr nach Rom und ließ die israelische Friedensbewegung hochleben, die mit ihren Massendemonstrationen gegen den Krieg einen so tiefen Eindruck auf die Palästinenser gemacht hatte ("die im ganzen Nahen Osten einzigen Demonstrationen gegen die israelische Invasion", wie viele Palästinenser es ausdrückten). In Rom sagte er italienischen Politikern, daß die PLO bereit sei, mit Führern der israelischen Arbeiterpartei zu einer öffentlichen Konferenz zusammenzukommen - was von Schimon Peres und seinen Genossen allerdings öffentlich zurückgewiesen wurde; sie verkündeten, daß Mitglieder der Arbeiterpartei, die sich mit Mitgliedern der PLO träfen, aus der Partei ausge-

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