Eine der Folgen war, daß die Bevölkerung der West Bank nie, wie das möglich gewesen wäre, für den Kampf gegen die israelische Besatzung organisiert wurde, sehr zur Erleichterung der israelischen Regierungen.* Es gab keine effektive Führung, die den zivilen Ungehorsam nach Art Mahatma Gandhis organisiert hätte, etwa einen Generalstreik. Hunderttausend Arbeiter aus den besetzten Gebieten pendelten täglich über die Grenze nach Israel und waren für viele israelische Industrien ein wichtiger Faktor. Auch die jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten, die die nationale Existenz des palästinensischen Volkes unmittelbar bedrohten, wurden von palästinensischen Arbeitskräften gebaut. Jüdische Bauarbeiter, einst der Stolz der zionistischen Bewegung, gab es praktisch überhaupt nicht mehr.

Es war der Traum Issam Sartawis, den Palästinensern in der West Bank und im Gaza-Streifen einen festen Platz in der Struktur der PLO zu geben, sie in die Lage zu versetzen, an der Formulierung der palästinensischen Politik an entscheidender Stelle mitzuwirken. Er nahm ganz richtig an, daß diese Palästinenser, deren größtes persönliches Interesse in einer Lösung lag, die ihnen die israelische Besatzung vom Hals schaffen und ihre Äcker retten würde, das Rückgrat der Friedenspolitik Arafats bilden könnten, daß sie den Einfluß der Scharfmacher zurückdrängen würden, die in der PLO eine ihrer wirklichen Stärke völlig unangemessene Rolle spielten.

Freij stimmte völlig mit diesem Gedankengang überein. Wie aber konnte man das ins Werk setzen, da doch die leiseste Bewegung jeder West BankPersönlichkeit von den israelischen Behörden überwacht wurde? Was konnte die israelische Friedensbewegung tun, um diese Situation zu ändern? Wie war der PLO-Führung diese Situation klarzumachen?

Während wir darüber diskutierten, machte Freijs Frau ein Päckchen zurecht, das ich nach Paris mitnehmen sollte: hausgemachtes Brot, am offenen Herd gebacken (tabunah), und Ziegenkäse aus Nablus. Das war mein Standardgeschenk für Issam.

Als ich dabei war, mich zu verabschieden, heulten draußen auf der Straße nach Hebron, die am Haus vorbeiführte, Ambulanzsirenen auf. Krankenwagen rasten nach Süden, in Richtung des Flüchtlingslagers Dheische, das sich ständig im Zustand der Rebellion und der Belagerung befand. Freij eilte ans Telefon, um festzustellen, ob etwas passiert war.

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* Zu den "Unruhen" im Gaza-Streifen und in der West Bank vgl. den Epilog 1988, S. 409 ff. in diesem Buch.

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