Matti blieb eisern. Er fahre nicht nach Tunis.
Es war Dienstag, der 18. Januar 1983 - ein Datum, das in unserem Leben von großer Bedeutung sein sollte.
Wir waren am Tag zuvor nach Paris gekommen. Anna Best - der helfende Engel all unserer Bemühungen in Paris - holte uns am Flughafen ab und sorgte dafür, daß wir für die Nacht unterkamen. Morgens um halb neun trafen wir uns alle in Issams Büro, die Maschine nach Tunis startete um elf, wir mußten also gegen neun losfahren nach Orly.
Aber Mattis Entschluß stand fest. Er mußte am nächsten Tag um fünf Uhr wieder in Tel Aviv sein. Er würde nicht nach Tunis fliegen, ohne daß zwei Bedingungen erfüllt wären: Er müsse sicher sein, daß Arafat da sei, bereit, uns zu empfangen, und er müsse Gewißheit über seinen Rückflug haben.
Die einzige Möglichkeit, rechtzeitig nach Tel Aviv zu kommen, war der Rückflug nach Paris noch am selben Tag; dann konnte er am nächsten Tag von Paris nach Tel Aviv fliegen. Aber wie konnten wir sicher sein, daß Arafat uns sofort nach unserer Ankunft in Tunis empfangen würde, so daß Matti ein paar Stunden später zurückfliegen konnte? Wie konnten wir sicher sein, daß Arafat überhaupt in Tunis war? Die Minuten verrannen. Issam versuchte hektisch, Verbindung mit Arafats Büro in Tunis zu bekommen, um zu fragen, ob der Vorsitzende von seinen Reisen zurück sei. Neun Uhr war längst vorüber, dann neun Uhr dreißig. Vergeblich versuchten wir, Matti von seinem Entschluß abzubringen. Wie ein echter General kann er sehr, sehr stur sein. Um zehn Uhr zwanzig klingelte das Telefon. Es war Abu Faisal, der am Tag zuvor als unsere Vorhut nach Tunis gefahren war. Der Vorsitzende sei da und erwarte uns.
Zögernd stand Matti auf. Anna flüsterte ihm zu: "Sie können ruhig zum Flughafen fahren, Sie schaffen es sowieso nicht mehr. Es gibt keine Möglichkeit, noch rechtzeitig für den Flug dort zu sein."
In Sekundenschnelle füllte unglaubliche Aktivität den Raum. Arnon und ich hatten schwere Koffer, Matti reiste mit leichtem Gepäck und hatte nur einen Übernachtungsbeutel. Irgendwie hievten wir das ganze Gepäck in den Lift und rasten hinunter und auf die Straße hinaus wie eine stampfende Büffelherde. Issam und Matti wurden eilends in ein wartendes Polizeiauto verfrachtet; Arnon und ich nahmen mit Anna Issams Wagen. Das Steuer übernahm Anwar Abu Eischa.
Anwar, dem es bestimmt war, an Issams Seite zu sein, als dieser erschossen wurde, war Vorsitzender der palästinensischen Studenten in Frankreich gewesen. Er hatte Jura studiert und war Issams Assistent geworden, als Abu Faisal vor dem Krieg nach Beirut zurückgekehrt war. Er hatte ein rührendes Buch über seine Jugend in Hebron unter israelischer Besatzung geschrieben. Sein Vater war von Beruf Busfahrer, und Anwar hatte von Kindesbeinen an Autos gesteuert. Seine eigentliche Fahrprüfung aber kam jetzt.