Am anderen Morgen summte es im ganzen Haus. Als alter Parlamentarier kenne ich die Zeichen, die daraufhindeuten, daß etwas Ungewöhnliches und Dramatisches in der Luft liegt. In solchen Augenblicken herrscht eine Atmosphäre unterdrückter Erregung, die Säle füllen sich vor der festgesetzten Zeit, Delegierte drängeln zu den Plätzen, Sekretärinnen und Mitarbeiter aller Art füllen die Gänge und Tribünen.

Sie wurden nicht enttäuscht. In seine übliche Khaki-Uniform gekleidet, eine rote keffijeh um den Kopf drapiert, hielt Yassir Arafat eine traurige und bewegende Rede. Mir rief sie eine Erinnerung aus früher Jugend ins Gedächtnis. Ich war dreizehn Jahre alt, als Haile Selassi, der Kaiser von Äthiopien, den die Italiener mit Maschinengewehren und Giftgas aus seinem Land vertrieben hatten, seinen dramatischen Appell an den Völkerbund in Genf richtete, hier an dieser Stelle, wo er vergeblich das Gewissen der Welt anrief.

Wie Kaddumi zählte auch Arafat die vielen Beschlüsse auf, mit denen der Palästinensische Nationalrat die diversen internationalen Friedenspläne begrüßt und akzeptiert hatte. Mit dem Hinweis auf diese Pläne, die alle zumindest stillschweigend den Staat Israel anerkannten und manche auch ausdrücklich, wie der Breschnew-Friedensplan, teilte der Vorsitzende der PLO der Konferenz praktisch mit, daß seine Organisation zum Frieden mit Israel bereit sei. Aber er brachte, wie schon so oft, nicht den einen klaren, unmißverständlichen, direkten Satz über die Lippen, der absolut notwendig war, um Israelis zu überzeugen, die für diplomatische Texte keinen Pfifferling geben.

Am Schluß seiner Rede wandte er sich der Tribüne zu, auf der Matti und ich saßen, und sprach uns direkt an: "Bei dieser Gelegenheit möchte ich einmal die demokratischen und fortschrittlichen jüdischen Kräfte innerhalb und außerhalb Israels erwähnen, die den Krieg verurteilten, die Invasion verurteilten, die Massaker von Sabra und Chatila verurteilten, die expansionistische Politik verurteilten und die standhaft für die Rechte unseres Volkes eintreten. Ich entbiete ihnen meine Grüße und meine Anerkennung für ihre mutige Haltung insbesondere in Anbetracht des Terrors der israelischen Militärbehörden. Lassen Sie uns zusammen unseren Traum von einem beispielhaften Frieden im Land des Friedens wahr machen als ein Geschenk von uns allen an die menschliche Zivilisation. Lassen Sie uns Zusammenarbeiten, Seite an Seite mit allen edel gesinnten, den Frieden, die Gerechtigkeit und die Freiheit liebenden Kräften überall auf der Welt."

Während er das sagte, drehten sich Hunderte von Delegierten um, weil sie sehen wollten, an wen Arafat diese Worte richtete.

Noch während des Schlußbeifalls huschten die Sicherheitsleute mit Arafat hinaus hinter die Bühne. Wenige Minuten später tauchte Imad Schakour in heller Aufregung auf der Tribüne auf und bat Matti und mich, ihm zu folgen. Der Kommunistenchef Tawfiq Toubi, ein altes Schlachtroß, merkte sofort,

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