In den besetzten Gebieten ist eine neue Generation von Palästinensern herangewachsen. Die hier demonstrierten, sind größtenteils unter israelischer Besatzung geboren. Die gesamte palästinensische Öffentlichkeit steht hinter ihnen, hat ihnen geholfen, hat Flüchtende aufgenommen, hat mitdemonstriert. 150.000 Arbeiter, die täglich aus den besetzten Gebieten nach Israel pendeln und unter schmählichen Bedingungen Gastarbeiter im eigenen Land sind, gingen nicht zur Arbeit. Teile der israelischen Wirtschaft waren lahmgelegt. Zwar kam der Anstoß zu den Demonstrationen nicht von der PLO draußen, alle Demonstranten aber und die palästinensische Öffentlichkeit, die sich zu ihnen bekannte, erklärten, daß die PLO sie repräsentiere.

Nach zweiwöchigen Demonstrationen legte sich der Sturm zum Teil. Dazu trugen der massive Truppenaufmarsch von Armee und Polizei, aber auch heftige Regenfälle bei, außerdem mußte man sich nach den Massenverhaftungen erst einmal neu sammeln. Der 1. Januar, der Tag der PLO, ging beinahe ruhig vorüber. Eine Frau kam beim Wäscheaufhängen ums Leben, etwas später noch ein Mann. Niemand gab sich Illusionen hin. Dem ersten Sturm wird ein zweiter folgen und dann ein dritter. Die Auseinandersetzung ist in eine neue Phase eingetreten.

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Ich habe versucht, in diesem Buch die Entwicklungsgeschichte des palästinensischen Volkes nachzuzeichnen, seiner Vertreibung, seiner Entrechtung und Unterdrückung, seiner Sehnsucht nach Freiheit, Selbstbestimmung und nationaler Identität, seines Aufbegehrens. Es ist kein Zufall, daß die Fatah, erster Ausdruck des eigenen, eigenständigen Nationalgefühls der Palästinenser, nicht den Tag ihrer Gründung Ende der fünfziger Jahre als Gedenktag begeht, sondern den Tag der Eröffnung ihrer Aktionen. Die PLO wurde durch die Fatah zum Symbol der palästinensischen Nation.

Im Jahre 1967 endete der Traum vom militärischen Sieg über Israel. Von nun an setzten die Palästinenser ihre Hoffnungen darauf, daß die PLO sie mit militärischen Mitteln von der israelischen Besatzung in der West Bank und im Gaza-Streifen befreien werde. Sie erwarteten viel von dem Kleinkrieg, der von jordanischem Gebiet aus geführt wurde. Nach dem "Schwarzen September", als die PLO den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in den Libanon verlegte, hofften die Palästinenser auf die Erneuerung des Kleinkrieges von dort aus. Nach dem Yom Kippur-Krieg 1973, in dem Israel eine anfängliche Niederlage in einen großen Sieg verwandelte, erlosch die Hoffnung der Palästinenser, Israel militärisch schlagen zu können, endgültig. Sie fingen an, größere Erwartungen in politisches Handeln zu setzen, um sich mit Israel zu arrangieren und einen Palästinenserstaat an der Seite Israels zu schaffen. Zu der Zeit begann der Dialog mit uns. Said Hammami und Issam Sartawi waren die Pioniere dieses neuen Denkens.

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