zu werden, denn die Dinge nehmen keine neue Form an. Vielmehr tritt ihre eigene, eigentliche Form zutage. Eine neue Front entsteht - oder besser: eine bestehende wird nunmehr offensichtlich.

Diese neue Front zieht sich zwischen dem Norden und dem Süden, zwischen den entwickelten Industriestaaten einerseits und den ausgebeuteten, euphemistisch "Entwicklungsländer" genannten, rohstoffproduzierenden Ländern andererseits. Es ist die Front des Vierten Weltkriegs, eines Existenzkampfs der großen Mehrheit der Menschheit, der buchstäblichen "Habenichts"-Völker, gegen die reichen Staaten des Nordens, die ihre Privilegien verteidigen und erweitern wollen.

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Als Saddam Hussein seinen Truppen den Befehl gab, in Kuweit einzumarschieren, war er sich sicher nicht bewußt, damit einen weltgeschichtlichen Schritt getan zu haben. Zwar nannte er seinen Krieg "die Mutter aller Schlachten", aber damit knüpfte er nur an die irakisch-islamische Vergangenheit an. (Die erste "Mutter" war die Schlacht, in der der Irak von islamischen Truppen erobert worden war.) Saddam Hussein war nicht der Prophet einer neuen Weltordnung, innerhalb derer die armen Völker an dem Überfluß der reichen teilnehmen können. Seine Vorstellungen sahen viel begrenzter aus. Er beanspruchte den Reichtum Kuweits (Bruttosozialprodukt je Einwohner: 13 380 Dollar) auch für den ärmeren Irak (Bruttosozialprodukt je Einwohner: i 808 Dollar).

Nach Beendigung seines unseligen Krieges gegen den Iran besaß Saddam ein riesiges Heer - und sonst nichts. Mit Hilfe des Heeres gedachte er seine Finanzen aufzubessem. Wer Eisen hat, hat Brot. Zudem fühlte er sich von Kuweit und SaudiArabien ausgebeutet. Hatte er nicht sein Blut vergossen, um sie vor den Horden des Ajatollahs zu bewahren? Aber die Ölfürsten waren nicht bereit, auf die Zahlung seiner Kriegsschulden zu verzichten. Sie senkten vielmehr die Ölpreise und verschlim¬

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