Das amerikanische Konzept für den Nahen Osten als solches ist pragmatisch begründet und kurzfristig angelegt, aber damals hat es sich fest etablieren können. Es ist zynisch, wie jede Großmachtpolitik, und besagt ganz einfach: Der Status quo ist der beste aller möglichen Zustände in dieser Region. Der fortdauernde Kampf zwischen Israel und der arabischen Welt macht alle Völker im Nahen Osten von Amerika abhängig. Ein militärisch mächtiges Israel ist ein Knüppel in den Händen Amerikas, um jedem arabischen Staat, der nicht pariert, mit Vergeltung drohen zu können. Die geographische Lage, die politischen Interessen und die militärische Überlegenheit Israels verhindern zudem die Vereinigung der arabischen Welt, die amerikanische Interessen gefährden könnte. In diesem Sinne sind auch die Unsummen, die Amerika für Israel ausgibt, nichts weniger als eine Investition, die sich hundertmal lohnt. Viele Israelis empfinden die amerikanische Hilfe dementsprechend nicht als Geschenk, sondern als ein Art Bezahlung für geleistete Dienste. Auf der anderen Seite macht der Kriegszustand natürlich auch Israel gänzlich abhängig von Amerika. Solange die Situation so bleibt, wie sie ist, braucht Amerika sich keine Sorgen um seine Hegemonie in diesem lebenswichtigen Erdölgebiet zu machen. Es ist Divide et Impera, großgeschrieben.

In der Politik muß man nicht beweisen, daß ein bestehender Zustand gut ist. Dafür ist kein neuer Beschluß erforderlich. Aber wer etwas verändern will, muß beweisen, warum der angestrebte Zustand, der einen neuen Beschluß erfordert, besser ist als der alte.

Käme ein Frieden im Nahen Osten amerikanischen Interessen eher entgegen? Scheinbar glauben die Amerikaner das selbst nicht. Frieden würde bedeuten, daß alle Völker in der Region Amerika wesentlich weniger brauchen als jetzt. Gewaltige Summen, die heute noch für amerikanische Waffen verschwendet werden, könnten durch einen Frieden in dieser Region eingespart werden. Ein gemeinsamer Nahost-Markt würde erstmals möglich gemacht. Das Talent und die Energie

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