Das ist die Situation heute, und sie ist ungeheuer gefährlich. Denn je stärker die Palästinenser frustriert werden, je mehr die wirtschaftliche Lage sich verschlimmert, je mehr ein gewöhnlicher Einwohner in Gaza und in Jericho, aber auch in Nablus und in Hebron spürt, daß seine Lage seit Oslo viel schlimmer geworden ist und sich nichts verbessert hat, desto mehr Unterstützung erhält die Hamas.

Vielleicht sollte man an dieser Stelle etwas über Hamas sagen, ein wichtiger Aspekt in der jetzigen Situation. Ende 1992 ließ Rabin 415 Palästinenser in den Libanon deportieren, die dann ein Jahr lang an der Grenze zwischen den beiden Armeen in einem Zeltlager lebten. Wir fanden das ein unerhörtes, ungesetzliches Vorgehen und errichteten aus Protest ein Zeltlager gegenüber dem Amt des Ministerpräsidenten in Jerusalem; wir haben dort 45 Tage und Nächte gelebt. Es war Winter und ziemlich kalt. Wir kampierten zusammen mit palästinensischen Staatsbürgern Israels, hauptsächlich aus der Islamischen Bewegung, die sich mit der Hamas irgendwie solidarisch fühlte, obwohl sie eine ganz andere islamische Auffassung hat und für den Frieden und für die Existenz Israels eintritt. Ein Nebeneffekt war, daß ich 45 Tage lang einen Intensivkurs in islamischer Religion bekam, was sehr wichtig für mich war. Denn kein Mensch in Israel hat überhaupt eine Ahnung, was der Islam ist. Als die Deportierten zurückkamen, war ich sehr neugierig, wie sie sich uns gegenüber verhalten würden. Zu meiner Überraschung wurden wir eingeladen, an einer Festlichkeit der Hamas in Gaza teilzunehmen. Man bat mich, eine Rede zu halten. Ich hielt sie auf hebräisch und trug

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