wandten sagten: "Alfred, du bist ja verrückt. Wie kommst du darauf? Was kann in Deutschland schon passieren? Das deutsche Kulturvolk... Vielleicht werden sie ein paar polnische Juden ausweisen, das ist alles." Da hat mein Vater gesagt: "Ihr irrt euch. Es wird ganz schlimm werden." Man hat ihn praktisch ausgelacht. Alle meine Verwandten sind in Deutschland geblieben, umgekommen, verschwunden. Mein Vater erzählte mir, daß er ins Polizeipräsidium gegangen ist, um sich abzumelden. Da hat der Polizeibeamte gesagt: "Herr Ostermann, was fällt Ihnen ein? Sie sind doch Deutscher wie ich!" Mein Vater ließ sich davon nicht beirren. Vielleicht war er doch durch seine zionistische Vergangenheit dafür prädestiniert. Jedenfalls hat er die Gefahr sehr früh erkannt und ist ausgewandert.
Gibt es aus deiner Schulzeit Erinnerungen, daß du als jüdischer Mitschüler diskriminiert wurdest?
Ich war der einzige Jude im ganzen Gymnasium. Unser Ordinarius war ein katholischer Pfarrer, Herr Hesse, und der war sehr wohlwollend zu mir. Eines Tages kam er in die Klasse und grüßte zum ersten Mal mit "Heil Hitler! ", das war Vorschrift. Aber danach hat er mich zu sich gerufen und gesagt: "Es hat sich nichts verändert. Wenn etwas passiert, wenn dich jemand anrempelt, komm sofort zu mir." Ich habe eine sehr gute Erinnerung daran. Vom Anfang des Dritten Reiches ist mir vor allem im Gedächtnis geblieben, daß jeden zweiten Tag ein Fest war. Das ist wahrscheinlich etwas übertrieben, aber so schien es mir. Jedesmal versammelte sich die ganze Schule in der