lieh. Wir lehnten alles ab, was mit den Juden in der Diaspora zu tun hatte. Wir haben die jüdische Sprache, das jüdische Schtetl in Polen total verachtet. All das war hinter uns, all das haben die Zionisten aufgegeben, ihre Elternhäuser in St. Petersburg, Moskau, Warschau und Berlin, um ein neues Leben aufzubauen, in einem neuen Land, ein normales Leben mit Arbeitern und Soldaten. Diese Verachtung, die wir für die Juden in der Diaspora hatten, kippte bei den meisten Leuten sofort um, als die Nachrichten über den Holocaust eintrafen. Plötzlich entstand eine Gegenströmung, und alles, was die Juden im Ausland gemacht haben, wurde idealisiert: Wie herrlich idyllisch war das Leben im jüdischen Schtetl, wie herrlich die jüdische Gemeinschaft, die jüdische Religion. Die Religion war vorher bei uns total verachtet worden. In Nahalal, dem Dorf, in dem ich aufwuchs, war jeder Kuhstall eleganter als die kleine Synagoge. Wir dachten, nur ganz alte Menschen gingen in die Synagoge und die Religion würde aussterben.

Dann kam dieser Gegenschlag, und man wurde wieder jüdisch. Ich war, wie gesagt, der Initiator einer kleinen Gruppe, die genau das Gegenteil propagierte, nämlich eine neue hebräische Nation, die anders als die Juden in der Diaspora sein sollte.

Der Holocaust hatte eine ungeheure Auswirkung auf Israel, das hat sich aber nur langsam durchgesetzt. Am Anfang haben wir die Juden wegen des Holocaust sehr verachtet, nach dem Motto: "Sie sind wie die Schafe zum Schlachthaus gegangen. Sie haben sich nicht gewehrt." Dann hat man die jüdischen Aufstände, die es hier und dort gab, zum Beispiel im Warschauer Ghetto, überbe¬

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