isoliert zu betrachten -, die Stadt eine tief religiöse Bedeutung? In welcher Form hat Sie beispielsweise die Via Dolorosa beeindruckt?
Mich hat die Frömmigkeit der Menschen beeindruckt, das Gefühl der Ehrfurcht und des Glaubens, das die Stadt in anderen hervorrief; wenn ich beispielsweise beobachtete, wie meine Mutter Kerzen anzündete. Auch wenn sie an viele der ritualistischen Aspekte nicht glaubte, ging sie dennoch in die Kirche. In meiner Familie gab es alte Traditionen, zum Beispiel das Glaubensbekenntnis abzulegen oder Kerzen anzuzünden. Was mich immer wieder erstaunt hat, war die Intensität der Erfahrungen der Menschen, und es hat mich tief bewegt, wie die Menschen darauf reagierten - weniger mein eigenes, persönliches Handeln.
Während des Wahlkampfes besuchte ich Anfang 1996 die Altstadt, um mit den Menschen dort zu sprechen. Als ich die Grabeskirche erreichte, wollte ich hineingehen, ohne daß mich irgendwer von der Polizei oder sonst jemand begleitete. Ich ging also allein, da es ein sehr persönliches Anliegen war. Zudem wollte ich die religiösen Stätten nicht für Wahlkampfzwecke nutzen. Ich suchte diejenige Stelle auf, die als Mittelpunkt der Welt gilt, um zwei Kerzen für meine Eltern anzuzünden. Für mich symbolisierte dies die Einheit von persönlicher und kollektiver Rechtfertigung: persönlich durch das Andenken an meine Eltern, aber.in gewisser Weise auch national, weil wir gerade eine neue Phase einleiteten und ich mich symbolisch am Mittelpunkt der Welt befand - zum Zeitpunkt des Wahlkampfes für die erste gesetzgebende palästinensische Versammlung. Irgendwie vermischte sich alles, und man hatte das Gefühl, mit sich, mit der eigenen Vergangenheit eins zu sein und etwas für die Zukunft zu tun.