Modellentwürfen kann aber eine gewisse Bedeutung zukommen, wenn es darum geht, die Menschen mit dem Gedanken vertraut zu machen, daß sie in der Praxis funktionieren könnten.

Wir sprachen von der Entmystifizierung Jerusalems und der Frage der Zerstörung des mythischen Konsenses bezüglich der Stadt in den Köpfen der Israelis. Lösungsentwürfe sind gewiß sehr nützlich, solange sie der Sondierung dienen, vorläufig sind und Optionen und Möglichkeiten aufzeigen, statt sich im Rahmen einer Identitätskrise selbst als Gegenstand der Verhandlungen aufzufassen. Sofern dies gewährleistet bleibt, habe ich nichts dagegen. Doch kann ich mir viele durchaus praktikable Pläne vorstellen. Ich habe ja auch schon erwähnt, daß eine ganze Reihe von Optionen offensteht. Die Frage lautet, ob wir über den Willen verfügen, im Fall Jerusalems auch pragmatisch vorzugehen. Das gilt für beide Seiten. Nach meiner Auffassung besteht die Schwierigkeit nämlich darin, daß die Israelis wollen, daß wir alles pragmatisch angehen, und selbst so tun, als verhielten sie sich im Friedensprozeß pragmatisch, sich im Fall Jerusalems aber ideologisch äußern. Im Friedensprozeß können aber nicht gleichzeitig zwei verschiedene Sprachen gesprochen werden. Andernfalls werden die Palästinenser selbst einen ideologischen Vorschlag unterbreiten. Und Ideologie läuft immer auf ein "EntwederOder" hinaus.

Es existieren ja auf beiden Seiten gewisse Schlagworte. Wenn ich Diskussionen beiwohne, achte ich immer besonders darauf. Die Israelis gebrauchen gern den Begriff "realistisch": "Bleiben wir doch realistisch!", "Gehen wir das doch einmal realistisch an!" Die Palästinenser dagegen sprechen ständig von "Rechtmäßigkeit"', das mag ihr stärkeres Argument sein.

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