gen und dem Glauben an die Zukunft. Er hatte vielmehr das Gefühl, daß die Juden, um zu dem Geist Abrahams zurückzufinden, hundert Jahre allein sein müßten - quasi um sich zu reinigen. Er wollte dies unbedingt bis ins Extrem führen und die Einsamkeit wie eine Droge als Medikament einsetzen. Die Juden sollten einige Jahre allein in der Isolation leben. Es war für ihn von großer Bedeutung, das Volk von den irregeleiteten Wegen wegzuführen und die Juden quasi zu reinigen. Seine Tagebücher sind voll von solchen Ideen. Die Juden sollten wieder ein Volk wie jedes andere werden. Es kann allerdings auch sein, daß da ein wenig Humor mit im Spiel war: Es erschien irgendwie herausfordernd, in einer Stadt zu leben, die die Juden aus dem Nichts geschaffen haben.
Ich glaube, ich bin anderer Meinung darüber, wie Ben-Gurion die demographische Situation aufgefaßt hat, mit welcher Leichtigkeit er Leuten gesagt hat, sie sollten von einem Dorf in ein anderes umziehen. Bezüglich der Jerusalemfrage habe ich einen Film gesehen, in dem Ben-Gurion Yigael Yadin vorschlug, die Altstadtmauern zu zerstören. Yadin erschrak darüber. Für ihn als Archäologen war das nicht vorstellbar. Die Mauern gehörten zu einem Mythos, und die israelischen Archäologen sind sehr ideologisch. Er erklärte, daß es unmöglich sei, sie zu zerstören, auch wenn es osmanische Bauten seien. Aber BenGurion ließ sich zunächst nicht überzeugen. Er sagte, seiner Meinung nach müßten sie zerstört werden. Wollte er damit die Grenzen zur Altstadt verwischen ? Oder wollte er eine Situation schaffen, von der es kein Zurück mehr gab ?
Nein, ich denke, es war mehr als das. Ben-Gurion war ein Mensch, für den die Zukunft mehr Bedeutung hatte als die Vergangenheit. Für ihn stand der Krieg zwischen Vergangenheit und Zukunft. Er selbst war auf der Seite der Zukunft. Die Mauer Jerusalems war für ihn keine Frage der Ästhetik.