Für mich stellt sich die Altstadt folgendermaßen dar: Wenn wir von vier Vierteln sprechen, wissen wir natürlich, daß dieser Gedanke auf die Mandatszeit zurückgeht. Doch in Wahrheit haben wir es mit einer Stadt der Spiegel zu tun, mit einer Ansammlung freiwilliger Ghettos, mit Menschen, die miteinander und doch voneinander getrennt leben - und dies auf mehr als einer Ebene. Wenn man beispielsweise vom christlichen Viertel spricht, so bezieht man sich damit normalerweise auf ein Gebiet, das überwiegend römisch-katholisch ist. Es beginnt beim Lateinischen Patriarchat, dann kommen die Rosenkranz-Schwestern, das College des Freres sowie das Terra-Sancta-College der Franziskaner. Parallel hierzu - wenn Sie sich an unser Gespräch kurz vor Beginn der Intifada erinnern, als wir zusammen spazieren gingen - sieht man ein griechisches Viertel, dann ein koptisches Unterviertel, ein äthiopisches Unterviertel - und das alles innerhalb des christlichen Viertels.
Ich erinnere mich an ein polnisches Viertel, von dessen Existenz ich früher nichts wußte.
Genau, das Dom Polski. Dies alles ist, glaube ich, sehr bedeutend im Kontext dessen, dem ich mich gewissermaßen als der kosmischen Perspektive angeschlossen habe. Wenn man vom jüdischen Viertel spricht, so wie es bis 1948 bestand, hat man nicht nur Sephardim und Aschkenasim - übrigens gab es 1948 für dieses winzige Viertel zwei Oberrabbiner: Rabbi Chasan für die Sephardim und Rabbi Weingarten für die Aschkenasim -, sondern auch verschiedene philosophische Schulen, die sich in der jüdischen Diaspora entwickelten und die versuchten, sich in diesem Gebiet ihren Platz zu erkämpfen, bis es keinen Raum mehr gab und sie im 19. Jahrhundert begannen, sich außerhalb der Stadt umzusehen. Ich meine die Satmarer, die Belser, die Gerer und die Luhawitscher, alle diese Gruppen.