und daß es einen israelischen und einen palästinensischen Staat gibt. Wie sehen Sie dann Jerusalem in dieser neuen Situation ?

Ein unlängst erschienenes Buch dokumentiert 57 verschiedene Lösungsvorschläge zur Jerusalemfrage. Und das sind, soweit ich weiß, nicht einmal alle, die bislang vorgelegt worden sind. Ich möchte mich nicht darauf einlassen, einen 58. Vorschlag zu präsentieren oder einen der vorliegenden auszuwählen. Aber ich halte es für das Wichtigste, daß man den politischen Willen hat anzuerkennen, daß hier ein Problem existiert und daß es lösbar ist. Bevor ich Ihre Frage beantworte: Die jüdische Perspektive auf Jerusalem etwa läßt sich dahingehend zusammenfassen, daß sich die Geschichte wie ein Shakespeare-Drama in vier Akten verhält; grob gesprochen, kann die Geschichte als ein Vierakter zusammengefaßt werden. Der erste Akt entspricht dem Ersten Tempel. Der zweite Akt ist der Zweite Tempel. Der dritte Akt entspricht dem ersten Kibbuz. Im Jahre 1967 fällt der Vorhang, so daß dies für alle Zeit das geeinte Kapitel Israels bleibt.

Wenn man nun die allgemeine Flaltung der Christen betrachtet, so ist, obwohl Jesus in Bethlehem geboren wurde und in Nazareth aufwuchs, dennoch Jerusalem die Mutterkirche, in der die wichtigsten Ereignisse stattfanden, von der Auferstehung über die Kreuzigung, die Tempelpredigt, Pfingsten, das Ostermysterium, die erste Kirche bis zum Heiligen Geist und seiner Botschaft.

Wendet man sich den Moslems zu, so betrachtet der Islam den Propheten Mohammed aus theologischer Sicht als den Abschluß der Offenbarungslinie. Das heißt, über sämtliche zuvor gesandten Propheten hat sich ein Bogen herausgebildet, und Mohammed hat diesen Zirkel geschlossen. In anderen Worten: Vom moslemischen Standpunkt aus sind Abraham, Moses, David und die anderen in Wahrheit moslemische Propheten. Nicht nur das; man hat etwa den jüdischen

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