Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal auf die praktischen Aspekte zu sprechen kommen. Für die Juden bleibt Jerusalem die ewige Hauptstadt - trotz der gegenwärtigen Trennung. Die Israelis beschäftigen sich nicht groß mit den Arabern, sie machen keine Geschäfte mit ihnen, sie gehen nicht in die Altstadt. Die einzigen Palästinenser, die sie kennen, sind die, die bei ihnen arbeiten und deswegen als "gute Araber" betrachtet werden. In vielerlei Hinsicht sind sie mit den Arabern in Israel vergleichbar, und manche von ihnen werden nicht für eine palästinensische Regierung stimmen. Warum auch? Sie besitzen die staatliche Sozialversicherung, sie haben dies und das, und vielleicht haben einige sogar Angst vor einer palästinensischen Regierung. Paradox ist dabei, daß die Palästinenser aus Jerusalem eine vergleichsweise größere Freiheit genießen als die, die außerhalb der Stadt leben. Bezüglich der Bewegungsfreiheit können sie fast alles machen dennoch leben die Palästinenser aus Ostjerusalem irgendwie in zwei verschiedenen Welten. Es stört sie nicht weiter, was Arafat macht. Sollte sich heraustellen, daß Arafats Regierung noch schlimmer ist als die der Israelis, können sie sagen: "Was stören uns die Israelis und ihre Besatzung; wir sind hier in Al-Quds, können reisen und haben eine Sozialversicherung." Auch auf diese Art kommt es zu einer Annäherung. Das heißt nicht, daß eine wirkliche Koexistenz entsteht, aber die Situation nähert sich einem viel komplizierteren Modell an als dem, das zwischen beiden Seiten trennt. Das gefällt mir, und ich glaube nicht, daß ein solcher Rahmen bedeutet, der Frage nach der Vorherrschaft auszuweichen. Was heißt denn schon "israelische Herrschaft bis in alle Ewigkeit?" Heißt das weiterhin, auf dem Tempelberg zu beharren? Möge Gott verhüten, daß man den Felsendom in die Luft sprengt und daß keine andere Katastrophe passiert. Ich sage noch einmal: Die Palästinenser werden nicht auf Jerusalem verzichten, auch wenn die Israelis noch soviel von der "ewigen Herrschaft über Jeru¬

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