Es soll in diesem Gespräch vor allem um die historische und religiöse Bedeutung Jerusalems im Islam gehen. Wie sieht die islamische Geschichtsschreibung der Stadt aus?

Wir Araber sind Jerusalem in zweifacher Hinsicht verbunden. Zum einen bezüglich der arabischen Komponente aus der Zeit vor dem Islam, aus der Vorgeschichte, das heißt vor dem Beginn jeglicher Geschichtsschreibung; die Araber sind die ursprünglichen Bewohner des Landes Palästina und der gesamten arabischen Halbinsel. Zum anderen ist Jerusalem auch mit der Geschichte des Islam verbunden. Von Jerusalem aus erfolgte vor etwa 1300 Jahren die Nachtreise des Propheten Mohammed, gepriesen sei sein Name, in den Himmel. Zudem gibt es die Verbindung durch den Kalifen Omar. Als er 638 nach Palästina kam, eroberte er die Stadt auf friedliche Weise. Der orthodoxe Patriarch Sophronius übergab ihm damals die Schlüssel der Stadt. Seit dieser Zeit haben die Moslems und Araber Jerusalem unter ihrer Kontrolle, mit Ausnahme zweier Perioden, die Zeit der Kreuzfahrer und die der israelischen Besatzung.

Wie steht es mit dem britischen Mandat von 1920 bis 1948?

Das britische Mandat war lediglich eine Verwaltungsherrschaft; wir konnten uns in dieser Zeit selbst organisieren und hatten unsere eigene Autorität. Trotzdem war es natürlich eine koloniale Verwaltung. Es gibt aber einen Unterschied zwischen Kolonialismus und Besatzung: In der britischen Mandatszeit gehörte das Land weiter uns; unter der israelischen Besatzung war das nicht so. Man muß allerdings sagen, daß die britische Mandatsverwaltung in gewisser Weise darauf angelegt war, die israelische Besatzung vorzubereiten.

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