macht auch nur träumen können? Wer dachte ein paar Tage vor dem Mauerfall in Berlin, dass er in unserer Generation überhaupt stattfinden könnte?
Natürlich kann auch das Gegenteil mit derselben Plötzlichkeit eintreten. Wer hat ein paar Jahre vor dem Holocaust gedacht, dass so etwas möglich wäre? Warscheinlich nicht einmal die Nazis selbst - obwohl mein Vater weise genug war, schon in den ersten Wochen des "Tausendjährigen Reiches" zu beschließen, Deutschland für immer zu verlassen.
Die Hauptsache ist die Erkenntnis, dass Pessimismus zu nichts führt. Er ist steril, vergiftet das Leben und kann in eine Art Eskapismus ausarten. Optimismus aber ist fruchtbar, er führt zur Erkenntnis, dass man etwas tun kann, um die Lage zu verändern.
Auch das hat mir meine Lebenserfahrung gezeigt: Als ich 1949 zu der Überzeugung kam, dass wir den Frieden brauchen und dass wir nur mit den Palästinensern Frieden machen können, gab es in ganz Israel kein Dutzend Leute, die daran glaubten. Es war ja ein zionistisches Dogma, dass es kein palästinensisches Volk gab. Ich habe unzählige Stunden meines Lebens damit verbracht, israelische Zuhörer davon zu überzeugen, dass so ein Volk überhaupt existiert. Wer bezweifelt das heute noch?
Als meine Freunde und ich erklärten, dass die einzige mögliche Lösung die Errichtung eines Staates Palästina neben Israel sei, galten wir als verrückt. Heutzutage beweisen Meinungsumfragen, dass die Mehrheit der Israelis diese Anschauung teilt.
Als ich mich als erster Israeli mit Arafat traf, galt ich als VolksVerräter. Zehn Jahre später standen israelische Politiker Schlange vor seiner Tür. Und mit der verhassten PLO, der "Terrororganisation der zweibeinigen Tiere" - so Begin - hat Israel dann offizielle Abkommen geschlossen.
Natürlich ist die Lage jetzt wieder verzweifelt. Sie war es beinahe immer. Aber diese verzweifelte Lage ist immer in Bewegung. Sie ist heute nicht dort, wo sie gestern war, von vorgestern ganz zu schweigen. Von Verzweiflung zu Verzweiflung sind wir dem Frieden sehr viel näher gekommen.