Ramadanfasten eines der fünf Hauptgebote des Islam darstellt, hätte allein dies schon ein gewaltiges rotes Licht beim Aman aufblitzen lassen sollen.
Der Geheimdienst hatte eine Menge solcher Hinweise: Ein ägyptisches Unterseeboot hatte den strengen Befehl, ab einer bestimmten Stunde absolute Funkstille einzuhalten. Ein ägyptischer Soldat benutzte den Funk, um von seinem Bruder in einer anderen Einheit Abschied zu nehmen, und zwar mit einem muslimischen Segen, den die Gläubigen nur kurz vor dem Tod aussprechen. Und so weiter...
Was geschah mit all diesen Informationen? Nichts. Sie lagen zwischen den Aktendeckeln. Warum? Weil der Chef des Aman, Elie Zaira, absolut sicher war, dass die Ägypter es nicht wagen würden, die mächtige israelische Armee anzugreifen. Er glaubte, ihre Bewegungen seien ein großer Bluff, um auf die israelische Regierung Druck auszuüben. All jene erhaltenen Informationsbruchstücke fielen in das schwarze Loch vorgefasster Meinungen - im Hebräischen mit "Konzepzia" bezeichnet, einem Wort, das damals berühmt-berüchtigt war. Sie wurden also nicht dem Generalstabschef zur Kenntnis gebracht und erreichten so auch nicht den Verteidigungsminister Moshe Dayan oder die Ministerpräsidentin Golda Mein
Nur ich - klein und unwichtig - warnte Golda ein paar Monate zuvor in einer Knessetrede, dass die Ägypter angreifen würden, und zwar selbst dann, wenn sie überzeugt seien, geschlagen zu werden. Goldas absolute Weigerung, auf Sadats Friedenssignale zu reagieren, zog eine totale politische Eiszeit nach sich. Die Ägypter waren sich sicher, dass ein militärischer Angriff selbst ein verfehlter - dieses Eis brechen würde.
Der Yom-Kippur-Fehlschlag zerstörte den Mythos von der israelischen Unbesiegbarkeit und veränderte die Lage im Nahen Osten. Das war aber kein einmaliges Ereignis. Weit gefehlt! Etwas ganz Ähnliches passierte den Russen am Vorabend des Nazieinfalls ("Unternehmen Barbarossa"), als der sowjetische Geheimdienst rechtzeitig genaue Einzelheiten über den bevorstehenden Angriff, einschließlich Tag und Stunde, erfahren hatte.