20. Juli 2002
Im jüdischen Schtetl starb ein reicher Mann. Nun verlangte es die jüdische Tradition, dass irgendjemand eine Lobrede auf den Verstorbenen hielt und sich nur über seine Tugenden ausließ. Aber keiner in der Stadt war bereit, ein gutes Wort über diese verhasste Person zu sagen. Schließlich erbarmte sich ein Jude dieser Angelegenheit und sagte: "Wir alle wissen, dass der Verstorbene ein übler, grausamer und gieriger Mensch war. Aber verglichen mit seinem Sohn war er ein Engel."
Ich bin versucht, dasselbe über Shaul Mofaz zu sagen, der vor ein paar Tagen das Amt des militärischen Oberkommandeurs abgegeben hat. Er war ein schlechter, anmaßender Generalstabschef, der primitive und grausame Ansichten hatte und der seine Aufgabe, für Sicherheit zu sorgen, absolut verfehlte. Aber verglichen mit seinem Nachfolger "Boogie" Ayalon war er großartig.
In Israel ist der Wechsel im Amt des Generalstabschefs wichtiger als der Wechsel des Präsidenten. Nur der Ministerpräsident ist wichtiger als der Generalstabschef, weil die Armee einen immensen Einfluss auf jede Lebenssphäre hat.
Graf von Mirabeau, einer der Väter der französischen Revolution, prägte den Satz: "Preußen ist kein Staat mit einer Armee, sondern eine Armee mit einem Staat." Trifft dies nicht auch auf Israel zu? Theoretisch ist die israelische Armee der politisehen Führung untergeordnet. Wir sind schließlich eine Demokratie. Die gewählte Regierung trifft die Entscheidungen - die Armee führt sie aus. So sollte es wenigstens sein. Aber die Realität sieht viel komplizierter aus.
Zunächst einmal findet sich in der politischen und Wirtschaftliehen Elite eine Vielzahl von früheren Generälen. Von den fünfzehn Generalstabschefs, die Mofaz vorausgingen, wurden zwei