kutiert. Schließlich sind Israels Araber eben auch Palästinenser. Doch die Frage ist: Was verursacht denn was? Schafft der Konflikt die antiarabische Haltung oder verlängert die antiarabische Haltung den Konflikt? Kritiker von Israel klagen es an, Apartheid, die südafrikanische Doktrin, zu praktizieren. Diese Analogie ist teilweise irreführend. Anders als Apartheid beruht Zionismus nicht auf Rassismus, sondern auf einer Mischung aus Ghettomentalität und europäischem Nationalismus des 19. Jahrhunderts.
Ghettomentalität ist der Geist einer verfolgten isolierten Gemeinschaft, die die ganze Welt in Juden und Gojim (Nichtjuden) einteilte. Der europäische Nationalismus kämpfte für einen homogenen ethnisch-nationalen Staat. Der jüdische demographische Staat hat diese beiden Elemente absorbiert: Er ist ein homogener jüdischer, national-ethnischer Staat mit so wenig Nichtjuden wie möglich.
In Europa, wo der klassische Nationalismus seinen Anfang nahm, ist er mittlerweile dabei, der modernen amerikanischen Auffassung zu weichen, derzufolge jeder Inhaber eines US-Passes auch zur amerikanischen Nation gehört, unabhängig von Rasse und ethnischer Herkunft. Auf diese Weise wurden die Vereinigten Staaten zum mächtigsten Land der Welt, kulturell, wirtschaftlich und militärisch. Die europäischen Nationalstaaten treten nach und nach ihre staatliche Souveränität an die Europäische Union ab, und ihre Staatsangehörigkeit wird auch ausländischen Einwanderern gewährt, die zur Wirtschaft beitragen und das Sozialsystem sichern. In Deutschland erhalten im Land geborene Kinder von Einwanderern die deutsche Staatsangehörigkeit. In Großbritannien und Frankreich handelt man diesbezüglich sogar noch liberaler.
Israel ist mit einer historischen Entscheidung konfrontiert: entweder einen Schritt zurück zu machen, um ein rein jüdisches Ghetto mit demographischen Ängsten und nationalstaatlichem Gebahren zu werden, oder sich mit Blick nach vorne auf ein neues Staatsmodell nach amerikanisch-europäischem Muster zuzubewegen.