beschreibt - war hart, oft sogar schmerzlich, aber grundehrlich. Diese Ehrlichkeit ist eine Vorbedingung für wirkliche Versöhnung zwischen den beiden Völkern, deren nationale Sicht der Geschichte vollkommen verschieden, ja gegensätzlich ist.
Aber auch dann, wenn schließlich ein Frieden zustande kommen wird, für uns ein unbedingtes Muss, wird der gemeinsame Kampf Sumayas und Gilas noch nicht zu Ende sein. Denn sie, ja wir alle, kämpfen zudem noch an einer dritten Front: Wir kämpfen den Kampf um die Stellung der Frau in einer modernen Gesellschaft. Für Sumaya wird dieser Kampf viel schwerer sein als für Gila. Der Staat Palästina, der nach so viel Blutvergießen entstehen wird, wird sich am Anfang auf die bestehenden patriarchalischen Lebensformen der palästinensischen Gesellschaft gründen.
In ihrem ersten Buch Thymian und Steine erzählt Sumaya, wie sich ihre Vorfahren in Bir Zeit niedergelassen haben: Als im Hause ihres Urahns Farach ein Mädchen geboren wurde, kamen die Nachbarn, um ihm Trost zu spenden, weil es kein Sohn war. Ein fremder Gast, ein Muslim, sprach ebenfalls seinen Trost aus, und Farach erwiderte nach arabischer Art: "Das Kind sei dir geschenkt." Das waren leere Worte der Gastfreundschaft, aber nach 16 Jahren kam der Gast wieder und forderte das Mädchen. Der Vater bereute den Ausspruch, nicht weil das Mädchen einen eigenen Willen hatte - das war ja undenkbar -, sondem weil der Mann ein Muslim war, und Farach ein Christ. So floh er mit der ganzen Familie in die Berge, und die Familie kam nach Bir Zeit.
Das war vor vielen Jahren, aber auch Sumaya selbst musste für den von ihr gewählten Lebensweg kämpfen. Als junges Mädchen wurde sie von ihrem älteren Bruder tyrannisiert, denn in einem arabischen Haushalt, auch in einem christlichen, zählten Mädchen nicht. Mit 14 Jahren wollte ihr Großvater sie, wie üblieh, mit einem Verwandten verheiraten. Gegen jede Sitte weigerte sich Sumaya. Sie schreibt in ihrem Buch: "Großvaters Schock war so groß, dass er kein Wort hervorbrachte und das Haus verließ."