europäischem Muster zusammenzufassen, mit einheitlichem Territorium, einheitlicher Geschichte und mit einer Sprache. Sie wollten ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und einen eigenen nationalen Staat gründen. So entstand die zionistische Bewegung, die den jüdischen Staat in Palästina gründen wollte.

Die 208 Delegierten, die im Jahr 1897 den "Ersten Zionistenkongress" in Basel veranstalteten, hatten keine Ahnung von Palästina. Außer einem oder zwei von ihnen hatte keiner das Land je besucht. Was sie beschäftigte, war die verzweifelte Lage der Juden in Europa. Nur so konnten sie überhaupt zu der Vorstellung kommen, das Land sei unbewohnt. Ihr Motto lautete: "Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land".

Aber das Land war nicht "leer". Es lebten dort etwa eine halbe Million Menschen, zu 90 Prozent muslimische und christliche Araber. Sie waren ein Teil der großen arabischen Bevölkerung im Osmanischen Reich. Auch in dieser Bevölkerung entwickelten sich nationale Bestrebungen. Arabische Intellektuelle schrieben nationale Manifeste, arabische Offiziere gründeten Untergrundzellen innerhalb der türkisch-osmanischen Armee. Die Araber in Palästina waren Teil dieser nationalen Entwicklung.

So kam es, dass zwei nationale Bewegungen zur selben Zeit

entstanden - die zionistische und die arabische -, ohne voneinander zu wissen. Als die neue jüdische Besiedlung in Palästina begann, wurde der Konflikt unvermeidbar. Die jüdischen Siedler waren überrascht, im Land auf eine arabische Bevölkerung zu stoßen, die mit wachsender Gewalt gegen ihre Ankunft kämpfte. Und die arabische Bevölkerung betrachtete das schnelle Anwachsen der jüdischen Bevölkerung, die sich in ihrem Land zu einem Staat im Staate entwickelte, mit immer größerer Sorge.

Beide Bevölkerungen lebten nebeneinander. Es gab völlig gemischte Ortschaften und Städte, die jüdischen und die arabischen Bewohner hatten allerdings kaum Kontakt untereinander. In jeder der zwei Bevölkerungsgruppen entstand eine eigene Welt von Werten und Begriffen, von Mythen und Propaganda-Behauptun-

gen, die nichts mit der Begriffswelt der jeweils anderen Seite gemein hatte. Durch die völlig getrennten und sehr unterschiedlichen Erziehungssysteme wuchs eine Generation heran, mit entgegengesetzten Einstellungen und Vorstellungen. Auch völlig

getrennte Wirtschaftssysteme gewährleisteten, dass beide Gruppie-

17