Gefangenen gemacht. Wir wussten: Wenn wir uns ergeben, sterben wir. Zu Beginn des Krieges sahen wir Fotos, die die abgeschlagenen Köpfe unserer Kameraden zeigten, die man auf Stöcke gespießt in einer Parade durch die Altstadt von Jerusalem getragen hatte. Die Palästinenser ihrerseits erlebten das schreckliche Massaker in DirJassin, einem Vorort von Jerusalem, in dem der Etzel und der Lechi Dutzende Männer, Frauen und Kinder ermordeten.
Wir wussten, dass wir, 635 000 Juden, hundert Millionen Arabern gegenüberstanden. "Viele gegen wenige." Die bewaffneten arabischen Dörfer kontrollierten fast alle Transportwege. Später kam die Invasion der "sieben arabischen Armeen", die mit reichlieh modernen Waffen ausgestattet waren, hinzu.
Heute wissen wir, dass es nicht ganz so gewesen ist. Die jüdisehe Bevölkerung hielt zusammen, war gut organisiert und verfugte über informelle militärische Einheiten, die im Untergrund ausgebildet und mit heimlich zusammengetragenen Waffen ausgerüstet waren. Dagegen war die arabische Bevölkerung unter sich zerstritten, sie besaß keine einheitliche Führung und hatte nur alte, einfache Waffen. Die arabische Welt half den Palästinensern kaum, und auch die einmarschierenden Armeen stimmten sich
nicht untereinander ab - sie konkurrierten eher miteinander.
All dies stellte sich natürlich erst später heraus. Dieses Buch schildert, was die Soldaten damals dachten, während sie Geschiehte machten, nicht, was später klar wurde und als Geschichte geschrieben wurde.
Wenn uns jemand Ende 1948 prophezeit hätte, dass 56 Jahre
später der israelisch-palästinensische Krieg noch voll im Gange sein würde - keiner hätte es geglaubt. Aber es ist die Realität: Noch heute beherrscht dieser Krieg die Schlagzeilen der Presse, tagtäglich sterben Menschen, und die Kluft zwischen beiden Seiten wird immer größer. Der Konflikt kannte Höhen und Tiefen. Seit 38 Jahren leiden die Palästinenser unter unserer brutalen BeSatzung. Schreckliches passiert auf beiden Seiten. Und jede Seite ist überzeugt, dass sie das Opfer der anderen Seite ist.
Was auf beiden Seiten erzählt wird, ist Welten voneinander entfernt. Dies bezieht sich auf jedes einzelne Ereignis der letzten 100 Jahre. So heißt zum Beispiel der Krieg von 1948 bei uns Israelis "Befreiungskrieg" oder "Unabhängigkeitskrieg", während die Palästinenser diesen Krieg einfach al-Nakba nennen: "die Katastrophe".