4. März 1948, im Urlaub

Wir sind Soldaten

Ein Soldat ist kein Bürger, der mit Waffen umgehen kann, der sich in bestimmter Weise bewegt und bestimmten Befehlen folgt.

Ein Soldat ist eine eigene menschliche Kreatur in einer eigenen Welt.

Der Sohn, Bruder oder Freund wird eingezogen. Nach zwei

Wochen kommt er das erste Mal auf Urlaub nach Hause. Ober-

flächlich betrachtet hat er sich nicht verändert. Er ist sonnengebräunt, auf der Nase schält sich die Haut, und an den Händen hat er diese kleinen Wunden, die er sich bei den Feldübungen zugezogen hat. Aber wenn ihr ihm näher kommt, merkt ihr: Etwas hat sich verändert. Grundlegend und tief. Er fühlt anders, spricht anders, verhält sich anders. Und ihr werdet nie wirklich begreifen, was diese Veränderung bedeutet.

Für euch waren das kurze zwei Wochen. Aber für ihn war es eine kleine Ewigkeit. Und alles, was vorher war, scheint ihm jetzt zu einer fernen und fremden Vergangenheit zu gehören. Was ist mit ihm in diesen zwei Wochen passiert? Er hat sich verändert. Er hat eine Welt verloren und eine andere gewonnen. Das war ein

schmerzlicher, leidvoller Prozess.

Die ersten drei, vier Tage sind die schlimmsten. Der Neue betritt das Lager in freudiger, gespannter Erwartung, vorbereitet auf neue Erlebnisse, die er sich in bunten, hellen Farben vorstellt. Und die Realität ist grau. Sehr grau. Er dachte an Schnellfeuerwaffen, an Handgranaten, an einen freudigen Ansturm. Aber er beschäftigt sich damit, Stiefel zu putzen, das Essgeschirr ohne heißes Wasser zu spülen, sich in großer Enge zu rasieren, ohne die Arme bewegen zu können, Müll auf den Wegen zu sammeln, den Boden zu wischen und nach einem besonders komplizierten Verfahren Decken zu falten.

Und all das tut man nicht aus freien Stücken. Du musst vielmehr Befehlen gehorchen. Man treibt dich, schreit dich an, hetzt dich. In jeder Einheit gibt es Faulpelze und chronisch Undisziplinierte, deretwegen der Chef den Druck auf die Einheit noch erhöht. Das stärkste Erlebnis während der ersten Übungsphase ist die absolute Trennung von der Außenwelt. Diese Trennung ist nicht nur "technisch". Sie ist auch mental. Du verlierst das Interes-

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