Erst nach vielen Monaten bekam ich die Möglichkeit, mit den Leitern des Brigadestabs zu sprechen und die Kämpfe der Monate Juni und Juli 1948 aus der Vogelperspektive zu sehen. Und da, viel zu spät, war ich von der Größe der Gefahren erschüttert, die Tel Aviv und dem ganzen Staat gedroht hatten. Es war ein wirkliches Wunder, dass die Soldaten und Offiziere diese Gefahren hatten abwenden können. Folgendes wargeschehen:

"Hallo - Hagar - Boaz - Shamir - eins - fünf. Hallo - Hagar - Boaz - Shamir - eins - fünf ..." Aus dem Funkgerät klingt eine eintönige Stimme. Die Funkerin im Brigadestab schreibt die Meldung mechanisch, routiniert. "Eilige Meldung! ... Der Ausguck meldet ..." Ein junger Verbindungsofßzier trägt die Meldung ins Zimmer des Chefs. Eine von vielen.

Im Zimmer sitzt ein Mann an einem mit Karten übersäten Tisch. Blond, grau-blaue Augen, die Nase wie der Schnabel eines Raubvogels - die Erscheinung eines Kämpfers. Sein Gesicht sieht müde aus, als er die Meldüng liest. "Der Ausguck meldet: 200 ägyptische Fahrzeuge auf der Straße Richtung Norden ..."

Die Meldungen kommen eine nach der anderen. Der Posten bei Nitzanim meldet: 400 Fahrzeuge sind vorbeigefahren, 600, 800, 1000. 1200, 1500 ägyptische Fahrzeuge fahren gen Norden. Der Ausguck bei Gan-Javneh meldet: 300 Fahrzeuge wurden auf der Straße von Isdud Richtung Norden gesichtet, 500, 800. Gepanzerte Fahrzeuge, Tanks, Träger von schweren Maschinengewehren der Marke Bren.

Der Chef bedeckt sein Gesicht mit den Händen. Er braucht keine Landkarte. Er weiß: Die Entfernung von Isdud nach Tel Aviv beträgt 32 Kilometer Luftlinie.

Die Tür geht auf. Ein kleingewachsener, rundlicher Mann mit braunen Haaren tritt ein - der Operationschef der Brigade.

"Und?",fragt der Chef und hebt die Augenbrauen.

"Ich habe sie gesehen", antwortet der andere. "Über tausend Fahrzeuge nördlich von Isdud." Er sagt es in einem gleichgültigen Ton, als würde er berichten, er habe vom Quartiermeister einen Kasten Zigarren bekommen. Er ist keiner, der sich schnell aufregt. Am Morgen ist er losgefahren, um persönlich die Meldungen zu überprüfen. Jetzt ist er zurück und bestätigt: Die Meldungen stimmen. Eine riesige ägyptische Armada ist unterwegs Richtung Tel Aviv.

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