Jemand weckt mich unerwartet. "Steh auf. Befehl vom Kompa-

niechef. Du musst umgehend zurück zur Basis, die neuen Rekruten in Empfang nehmen."

In eine Decke gehüllt fahre ich über einsame Sandwege und erreiche die Basis nach Mitternacht. Die neue Abteilung hat bereits ihre Baracke bezogen. Sie haben eben Matratzen und Decken erhalten. Ich öffne die Tür und bleibe wie angewurzelt stehen. Ein Höllenlärm. Offenbar sprechen alle gleichzeitig. Die Worte sind unverständlich. Mindestens fünf Sprachen konkurrieren miteinander. Hebräisch gehört nicht dazu.

Ich blase in meine Trillerpfeife. Sie ist ein Wundermittel. Ihr Ton signalisiert Autorität, und ihre Sprache ist international. Sofort herrscht Ruhe. Ich sage einige Worte auf Hebräisch. Die Leute hören zu. Aber offenbar verstehen sie kein Wort.

"Wer von euch versteht Hebräisch?", frage ich. Ein Schnauzbärtiger mit intelligentem Gesicht springt vor mir in eine stramme Haitung. Sein Hebräisch ist äußerst schwach, aber er versteht mehr oder weniger, was verlangt wird und übersetzt es ins Französische. Ein anderer überträgt es weiter ins Spanische. Einer der Französischsprechenden übersetzt es ins Italienische. So ergibt sich spontan eine Ausbildungsmethode - ich sage einen Satz auf Hebräisch, und der wird dann in mehrere Sprache übertragen. In der Zwischenzeit habe ich ausreichend Zeit, mir den nächsten Satz zu überlegen.

Sie kamen ins Land, um zu kämpfen. Aber sie haben sich den Krieg anders vorgestellt. In ihren Augen ist das eine Art Kinokrieg: Dramatisches Zusammentreffen mit dem Feind, Heldentaten ... Die Realität dagegen ist ziemlich grau. Langweilige Stellungen, endloses Wacheschieben, Schützengräben ausheben. Springen und Stürmen sind nur die Highlights, kleine rote Punkte in einem grauen Meer.

Hier, zum Beispiel, eine ausgesprochen prosaische und überhaupt nicht amüsante Tätigkeit: Robben durch ein Distelfeld. Warum robben wir nicht im bequemen Gras? Umsonst sind die Erklärungen, dass man sich auch an der Front das bequeme Feld nicht aussuchen kann.

Erklären macht keinen Sinn. Im komplizierten Verfahren des Ubersetzens geht der Sinn schnell verloren. Also muss etwas getan, gesehen werden. Wir marschieren zurück ins Lager, und ich gebe

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