"Gute Nacht", antworte ich.
"Trinken", murmelt der andere, wie in Trance.
Ich weiß: Ich werde nicht einschlafen.
Den ganzen Tag über hatte ich Angst vor diesem Augenblick. Die Nacht ist eine lange Folter. Tagsüber passiert immer etwas. Man kann sich mit Ärzten und Schwestern unterhalten, den Stirnmen der anderen zuhören, ein Buch lesen oder in Zeitungen blättern.
Nachts schleichen die Minuten endlos, und man spürt die
Schmerzen doppelt. Das rechte Bein, an dem der Schlauch für die künstliche Ernährung angebracht ist, drückt und juckt. Ich kann mich weder auf den Bauch noch auf die Seite drehen, und der Rücken brennt, obwohl Rachel ihn mit Alkohol eingerieben hat.
Es gibt Dinge, an die ich mich nicht erinnern will. Tagsüber kann ich davor weglaufen. Aber nachts holen sie mich ein, halten mich fest und lassen mich nicht los.Verfluchte Erinnerungen. Warum kann der Mensch nicht vergessen?
Es ist die achte Nacht seit meiner Verwundung. Die achte
Nacht, in der ich nicht schlafe. Und jede Nacht suchen mich die gleichen Erinnerungen heim. Sie sind klarer und deutlicher als das, was in Wirklichkeit passierte. Vielleicht macht sie das Fieber so bunt, dass jede Einzelheit, jede Kleinigkeit besondere Bedeutung gewinnt.
Tagsüber kommen nette Erinnerungen hoch: lachende Karne-
raden, eine vorbeifliegende Landschaft bei schneller Fahrt im Jeep, die Bataillonskantine, hübsche, lustige Ereignisse. Nachts tauchen andere Erinnerungen auf. Manchmal versuche ich mir mit der IIlusion zu helfen, ich schliefe und hätte einen Alptraum. Aber ich weiß, dass ich nicht schlafe und dass die Bilder keine Träume sind.
Ich starre die abgedunkelte Lampe an. Die Augen halten sich an dem kleinen Licht fest, das weniger wird, sich entfernt, näher kommt und wieder weit weg ist. Es flackert, flackert, flackert ...
... das Licht flackert und flackert und flackert.
Ich bin im Camp "Jona" in Tel Aviv. Draußen heult der Wind. Februarwind. Er kündigt das Ende des Winters an. Im Zelt ist es angenehm warm. Nur ein leichter Zug weht durch die Zeltplanen und spielt mit der Petroleumlampe, die an der Zeltstange hängt.