Gedichte, Musik, Malerei oder andere schöne Dinge sind mir nicht wichtig. Als ich geboren wurde, war Mussolini schon auf seinem Marsch nach Rom. Als ich zehn Jahre alt war, kam Hitler an die Macht. Und als ich 13 wurde, brachen hierzulande die Unruhen aus und der Krieg in Abessinien.

Keiner hat uns dazu erzogen, das Schöne und Erhabene zu suchen. Zwar haben uns unsere Lehrer Lieder beigebracht. Aber das waren keine Lieder über die Schönheit, sondern nationale Gesänge. Sie lehrten uns, uns für die Heimat zu opfern, für anderes interessierten sich unsere Lehrer nicht. "Es ist gut, für die Heimat zu sterben." Das war die Essenz unserer Erziehung. Sie ersetzte Musik, Malerei, Ästhetik und die Poesie der Weltliteratur.

Meine Eltern arbeiten von Sonnenaufgang bis Sonnenunter-

gang. Sie haben keine Zeit, sich um mich zu kümmern. Und hatten sie Zeit - würde das etwas ändern? Keiner von uns wurde im Schoß der Eltern gehätschelt. Der Unterschied zwischen den Generationen ist zu groß. Noch als Kinder haben wir uns von den Eltern abgewandt.

Zwischen den Büchern liegen einige Pakete. Sie sehen aus wie Bücher, die in Papier eingewickelt sind. Sechs Päckchen sind es Pistolen. Das Waffenlager unserer Gruppe!

Ich entferne die Verpackung von einem der Pakete. Eine glänzende deutsche Parabellum. Die Pistole lässt sich leicht auseinander nehmen. Liebevoll wische ich das Ol ab, fette die Teile und setze die Waffe wieder zusammen. Eigendich ist das verboten. Zwar lagern die Waffen bei mir. Aber nur Joram, unser Gruppenführer, darf sie benutzen. Sie haben etwas Anziehendes, Hypnotisierendes. Vielleicht ist es auch nur das Wissen, dass jede dieser Waffen einen für viele Jahre nachAkko3 bringen kann.

Ich säubere alle sechs Waffen- eine nach der anderen. Die Parabellum, die ich vor allem wegen ihrer Bequemlichkeit und Schönheit mag, die deutsche Mauser, die sehr kompliziert ist und die wir daher alle hassen, die nette "P. B.", der Colt, der uns an vergessene Cowboyfilme erinnert, die veraltete russische Nagan und die beigische "F. N.", die einen in Sicherheit wiegt. Alle studiere ich an den Abenden zu Hause. Die Tatsache, dass ich die Dinger daher besser als die anderen in der Gruppe beherrsche, macht mich natürlich besonders stolz.

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