derte Augenpaare starren mich an und versuchen zu erraten, ob ich die Haganah oder den Irgun vertrete. Ich spüre, dass ich etwas sagen muss. Ich habe aber keine Ahnung, was. Die Stille bringt mich ganz durcheinander. Da erinnere ich mich an die Demonstration, die wir vor einem Jahr, an dem Abend, als das Weißbuch veröffentlicht wurde, veranstalteten und bei der die Gouverneursbüros angezündet wurden. Damals hat uns jemand auf die Treue zu Jerusalem eingeschworen.
Ich bin erleichtert. Ich schreie: "Wenn ich dich vergesse, Jerusalern, möge meine Rechte verdorren!" Das Publikum schweigt und wartet auf die Fortsetzung. Ich bin entsetzt, den ich habe den zweiten Teil des Satzes vergessen. "Wird meine Zunge ...",flüstert Srulik. Ich richte mich auf. "Wird meine Zunge vertrocknen, wenn ich dir entsage!" Das Publikum ist zufrieden. Man schreit "Bravo!" und auch "Buh", faltet die Fahnen zusammen und geht nach Hause.
Es braut sich einiges zusammen. Erst gab es merkwürdige Gerächte über Meinungsverschiedenheiten an der Spitze des Irgun. Und eines Tages wissen alle: Es gibt eine Spaltung.
Namen, die wir bisher nicht kannten oder die man nur leise
und ehrfürchtig aussprach, werden plötzlich laut und deutlich ausgesprochen und in den Schmutz gezogen. Wir, die Jüngeren, laufen ziellos herum, als sei unsere Welt zusammengebrochen. Bis heute war alles klar und deutlich: An der Spitze stehen die Ubermenschen, weise und grenzenlos mutig, die genau wissen, wie wir das Land auf beiden Seiten des Jordan in drei, höchstens in sechs Monaten erobern können. Wir müssen nur ihren Befehlen folgen. Jetzt beschuldigen diese Übermenschen sich gegenseitig aller möglichen Verbrechen - von Mord und Denunziation bis hin zur Bestechlichkeit.
Ich wache auf wie nach einem langen Traum. Möchte ihn festhalten, obwohl ich weiß, er wird nicht zuräckkehren. Dafür kommen die Zweifel, die in den letzten zwei Jahren immer wieder aufgetaucht sind und die ich verdrängt habe, jetzt mit aller Macht wieder. Was will der Irgun eigentlich? Kenne ich alle seine Ziele? Hat er überhaupt ein klares Ziel, ein in sich geschlossenes Ideal?
Haben wir nicht Illusionen aufgebaut, einfach weil wir sie