ber - den "Feinden", den "Wilden aus der Wüste", "Eindringlingen", "Bandenmitgliedern", "Untermenschen" - und dann ver-

stehst du nicht mehr, warum du keine Juden umbringen darfst, die deiner Meinung nach der Heimat schaden. Am Ende bist du bereit, jeden umzubringen, der nicht deine Meinung teilt.

Und wenn man töten darf, darf man natürlich auch vergewaltigen. Denn Vergewaltigung ist ja nicht ganz so schlimm wie Mord. Und wenn du anfängst, Araberinnen in eroberten Dörfern zu missbrauchen - und die Gesellschaft lächelt darüber und zwinkert dir zu -, dann darf man natürlich auch stehlen. Und wenn man von Arabern stehlen darf, warum nur von Arabern?

Die Sonne geht unter. Wir sollen wieder am Zaun des Camps entlang patrouillieren.

Am Zaun stehen zwei Etzel-Leute, offenbar Neueinwanderer.

"Heil Hitler!", ruft der eine. "Gestapo!", schreit der zweite. Beide heben die Hand zum faschistischen Gruß, als seien wir SS-Wachen. Mir fällt ein, dass wir selbst die Soldaten der britischen Brigaden vor kurzem so grüßten.

"Zum Teufel mit euch! Lasst sie uns verprügeln!", schreit Kebab und möchte vom Jeep steigen. Mit Mühe halten wir ihn zurück.

Die Nacht ist kalt. Wir tragen dünne Sommerhemden und frieren erbärmlich. Wir haben uns noch nicht an Einsätze mit dem Jeep gewöhnt. Unterwegs gibt es noch einige Kaffeehäuser aus der Zeit der Engländer. Wir haben gehört, eines davon sei ein Bordell. Kebab ist begeistert. Erst wollte er flüchtende Etzel-Leute jagen. Das hat er jetzt vergessen. Er überredet uns anzuhalten und reinzugehen.Wir steigen aus, nehmen aber die automatischen Waffen mit zur Sicherheit.

Der Raum war einmal ein primitives Café. Einige wackelige

Tische und genauso heruntergekommene Stühle sind noch ge-

blieben. Eine Dartscheibe, ein Pfeilspiel, das die Briten lieben, hängt noch an der Wand. Aber die Wurfpfeile fehlen. In der Ecke steht ein altes Grammofon. Ich versuche es in Gang zu setzen, aber es lässt nur nervöses Rauschen hören. Die Stimmung ist traurig. Man könnte weinen.

Am nächsten Morgen soll ich einen Etzel-Offizier in dessen Wagen in die Stadt begleiten. Er soll die Verpflegung für seine

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