wagt es nicht, sonst würde sich ja heraussteilen, dass ich doch an der Front war. Ich betrachte ihn, als wäre er ein Fremder. Er ist gealtert in der letzten Zeit und seine Haare sind weiß geworden. Er arbeitet zu hart. Er macht sich zu viele Sorgen darüber, was um ihn herum passiert.Vor allem seit mein Bruder Avner als britischer Kommandosoldat gefallen ist.
Ein merkwürdiger Typ, mein Vater. 45 Jahre lang lebte er in einer Welt der Büros und Papiere. Der Sohn eines Lehrers, der sich in mühevollen Jahren eine eigene kleine Bank aufgebaut hatte. Plötzlieh beschloss er, hierher auszuwandern. Er behauptet, er habe die kommende Katastrophe in den Knochen gespürt. Ich habe ihn dagegen im Verdacht, dass er eine gute Portion heimlichen Abenteurertums in den Adern hatte und die in dem bürgerlichen Leben, das er damals lebte, keine Erfüllung fand. Das bisschen Geld, das er mitgebracht hatte, verlor er binnen einiger Monate, weil er den Mensehen zu sehr vertraute. Seitdem leistet er - zusammen mit meiner Mutter - harte körperliche Arbeit und verdient gerade eben unseren Lebensunterhalt. Dennoch glaube ich, er ist heute glücklicher als damals, als er im Büro saß und Akten wälzte.
Ich beneide ihn ein wenig. Er gehört einer Generation an, die eine wirkliche Erziehung genossen hat. Jene humanistische Erziehung auf der Grundlage klassischer Kultur, die, irgendwie, bessere Menschen hervorbrachte, als wir es sind. Die haben etwas, mein Vater und die Menschen seiner Generation, das uns fehlt. Vielleicht, weil sie Zeit hatten. Zeit, sich zu bilden und zu entwickeln in einem Alter, in dem wir schon Soldaten wurden. Vielleicht aber auch, weil wir in einem kulturleeren Raum leben und Schulen besuchten, auf denen nicht einmal versucht wurde, uns zu erziehen.
Seit ich mich vor etwa zehn Jahren dem Untergrund ange-
schlossen habe, lebe ich selbstständig und bin zu Hause sehr schweigsam. Ich nehme es ihm wohl übel, dass er mich mit 13 von der Schule nehmen musste. Aber eigentlich mag ich meine Eltern. Und ich schäme mich deswegen, genauso wie meine Kameraden.
"War es sehr schlimm bei euch?", fragt mein Vater. Seine Stirnme ist sehr leise und er schaut mich nicht an. Er war Soldat im Ersten Weltkrieg und macht sich keine Illusionen über die Romantik des Krieges. Ich fühle, dass er alles weiß und ich habe keine Lust, ihn zu belügen.