selten, wenn einer der Offiziere sich vor die einfachen Soldaten drängelt, erinnern wir ihn an die Heiligkeit der Schlange.
Wir bekommen eine ordentliche Menge Fleisch, Nudeln, Sup-
pe und Nachtisch auf unsere Teller gepackt. Jamus verzieht das Gesicht. "Wieder diese Scheiße?", brummt er und packt noch ein großes Stück Fleisch auf seinen Teller.
"Was meckerst du?", der Koch steht wütend an der Tür zur Küche.
"Ich kenne euch", setzt Jamus fort, "das gute Fleisch esst ihr selbst und die faulen Reste werft ihr uns vor."
"Wie wagst du es ...", der Koch bebt vor Wut. Er trägt ein Käppi auf dem Kopf, das zittert, wenn er sich aufregt.
"Er hat völlig Recht!", tönt es lautstark aus der Schlange.
Seit man uns am Jom Kippur2 hungern ließ, sind die Köche nicht beliebt. Die Soldaten mögen sie nicht, außer den Koch ihrer eigenen Frontbasis. Wenn es sich um orthodoxe Köche handelt, die sich weigern, auch am Sabbat Essen zuzubereiten, ist die Stirnmung doppelt schlecht.
"Alles, was ihr könnt, ist Soda in den Brei zu mischen", stellt Jamus fest. "Wenn du mich mal in meinem Kibbuz besuchst, bringe ich dir das Kochen schon noch bei!"
"Wieso Soda?" Der Koch gibt sich ahnungslos.
"Glaubst du, wir wissen nicht, dass ihr uns Soda ins Essen
streut?", fragt Jamus. Es gibt ein Gerücht, dass in den Übungscamps Soda oder Brom ins Essen gemischt wird, um den Ge-
schlechtstrieb der "Zöglinge" zu dämpfen. Es wurde nie bewiesen. Aber die Erfahrenen unter uns haben gelernt, Gerüchten zu glauben. Die meisten in der Armee verbreiteten Gerüchte erweisen sich als wahr, obwohl keiner weiß, wo und wie sie entstehen.
"Natürlich macht ihr das!", erklärt Mundek lauthals. "Seitdem ich in diesem Scheißlehrgang bin, hat er mir noch nicht gestanden."
"Bei dir hat er noch nie gestanden", lacht ihn der Koch aus.
"Warum stand er dann an Jom Kippur?"
"An Jom Kippur war das der Finger Gottes", will ihn der Koch trösten.
"Dein Gott hat aber viele Finger!" Jetzt erntet Mundek ein
donnerndes Gelächter. Die Leute sind froh, sich am Koch rächen zu können.