brauche einen Moment, um mich an die Dunkelheit zu gewöh-
nen. Im Zelt sind fünf Betten. Auf vier davon liegen Soldatinnen und schlafen. Ich lege Shulah auf das fünfte Bett, lege mich dazu und breite eine Decke über uns aus. Das Bett hat Federn und quietscht.
Shulah hat Angst. Sie gibt keinen Ton von sich. Sie fürchtet, dass ihre Zeltnachbarinnen aufwachen. Ich drücke meinen Mund auf ihren. Langsam öffnen sich ihre Zähne und meine Zunge sucht die ihre. Unsere Zungen umarmen sich und unterhalten sich miteinander.
"Lass mich", sagt ihre Zunge. "Wenn man uns erwischt, kommst du ins Gefängnis."
"Kleines Dummerchen", antwortet meine Zunge. "In der Ar-
restzelle ist es warm und trocken. Im Schützengraben nass und kalt. Die Wachen werden mir Bier aus der Kantine bringen. Du wirst mich besuchen und ein anderer Zugführer wird für mich an die Front gehen."
"Es gibt einen Skandal", sagt ihre Zunge.
"Kleine Frau", antwortet meine Zunge, "in Iraq-Elmadi gibt es keine Skandale. Da gibt es nur Tod und zerfetzte Gliedmaßen ..."
"Du sollst nicht sterben!", rufen ihre Arme und umfangen
mich.
"Wir werden alle sterben", antwortet meine Hand. "Alle. Und weil wir nicht sterben wollen, werden wir uns in die Schützengräben voller Wasser legen, werden durch den Matsch robben und ärmer dran sein als jedes Tier im Feld."
"Vergiss das alles ...", bittet ihr Körper.
"Ich will es vergessen", antwortet meine Hand. "Draußen warten Kälte und Tod und du bist so süß und zart..." Das zweite Bett quietscht. Eine Mädchenstimme fragt verschlafen: "Bist du da, Shulah?" Shulah erstarrt neben mir vor Angst.
"Ja", murmelt sie.
"War es schön?"
"Reizend."
Das Bett quietscht wieder und bald hören wir wieder das tiefe, ruhige Atmen.
Ich küsse Shulah, bis wir beide ersticken, ich drücke ihren Körper, bis ihre Knochen knacken, und für einen Moment vergessen wir die Welt draußen, diese schreckliche, hässliche Welt, und ein