ben. Es ist eine tief verwurzelte jüdische Überzeugung, das Ergebnis der seit Generationen erlittenen Verfolgungen und besonders der Erfahrungen der Nazizeit, dass kein Nichtjude einen Finger rühren würde, um jüdisches Leben zu retten. Diese Einstellung, die unbewusst jeder in Israel teilt, hat einen tiefen Einfluss auf die öffentliche Meinung. Sie hilft, ein weiteres Paradox der Nahostkrise zu erklären. Nasser glaubte, Israel sei eine Marionette der Amerikaner, und hoffte, dass er durch Verhandlungen mit Amerika die Israelis ruhig halten könnte. Doch die Israelis dachten nicht daran, in einer Krise, in der es für sie um Sein oder Nichtsein zu gehen schien, auf Amerika oder sonst irgend jemanden zu vertrauen. Dennoch waren am 28. Mai die Meinungen in der Regierung - zu diesem Zeitpunkt die Vertretung einer Parteienkoalition, die 75 von den 120 Sitzen in der Knesset innehatte gespalten. Neun Minister, unter ihnen Levi Eshkol, stimmten für, neun gegen den Krieg. Das bedeutete ein Unentschieden, also: Nein.
Doch ein unvorhergesehenes Ereignis wirkte sich verheerend aus. Eshkol sollte eine aufmunternde Rede an die Nation halten. Die Radioexperten, die mit Eshkols Stil vertraut waren, drängten ihn, die Sendung auf Band zu sprechen, wozu noch genügend Zeit vorhanden war. Eshkol ist eine in vieler Hinsicht interessante Persönlichkeit, aber ein schlechter Redner mit einer Neigung zu gewundenen Sätzen und langen, leicht im Sande verlaufenden Abschweifungen. Doch der Ministerpräsident, daran gewöhnt, im Parlament zu sprechen, glaubte in der Lage zu sein, seine Botschaft glaubwürdig vorzutragen; er wollte eine vorbereitete Erklärung ablesen. Bis zum letzten Augenblick vor der Direktübertragung wurden Sätze redigiert, verworfen, neu formuliert. Einer der Berater dachte, dass ein Satz, in dem von der Notwendigkeit gesprochen wurde, die Truppen von den Grenzen "zurückzuziehen", psychologisch ungeschickt sei: In einer solchen Situation benutzt man nicht das Wort "zurückziehen"; Statt dessen setzte er die Worte ein: "... die Truppen zu verlegen". Unglücklicherweise vergaß er, das Wort "zurückzuziehen" auszustreichen. Eshkol verlas die Erklärung mit müder Stimme. Als er an die fragliche Stelle kam, begann er zu zögern und zu stottern und mit seinen Beratern zu flüstern, um den richtigen Wortlaut herauszufmden. Den Soldaten, die gespannt in