Ich habe mich oft gefragt, wie der Zionismus wohl ausgesehen hätte, wenn Herzl nicht ein Journalist aus Wien, sondern ein Händler aus einem Basar in Damaskus gewesen wäre. Hätte der Zionismus dann erkannt, dass Palästina Teil eines großen, von Arabern bewohnten Gebietes war? Hätte er von Anfang an eine Lösung für das Problem der Koexistenz mit den Menschen, die Palästina als ihre Heimat betrachteten, gefunden? Doch das sind natürlich müßige Gedanken. Herzl hatte nichts anderes als ein europäischer Jude sein können; denn seine ganze Idee war die Antwort auf eine bestimmte Herausforderung, die von europäischen Bedingungen ausging. Und wäre Herzl nicht gewesen, so hätte das osteuropäische Judentum für seine große Bedrängnis einen anderen Apostel gefunden, der zu den gleichen Löstingen gekommen wäre.

Die Probe aufs Exempel hat tatsächlich stattgefunden. Herzl starb am 3. Juli 1904 im Alter von 44 Jahren an einem Herzanfall. Enttäuscht über den Mißerfolg seiner Bemühungen, eine Charta zur Errichtung eines jüdischen Staates in Palästina zu erlangen, wandte Herzl gegen Ende seines kurzen Lebens seine Aufmerksamkeit anderen eventuell in Frage kommenden Stätten zu. Eine Zeitlang richtete er sein Augenmerk auf das Gebiet von El-Arisch im Norden der SinaiHalbinsel. Als dieser Plan sich wegen des dort herrschenden Wassermangels als unrealistisch erwies, trat er für die Annahme eines 1903 von der britischen Regierung gemachten Angebotes ein, die Juden auf einem Gebiet von ca. 8000 Quadratkilometern ausgerechnet in

Uganda anzusiedeln. Herzls Eintreten für dieses Projekt schockierte die osteuropäischen Zionisten; es wurde voll Verachtung zurückgewiesen. (Man fragt sich, wie wohl ein Krieg ausgesehen hätte, in dem ein Uganda-Israel, das sich mit der Feindseligkeit eines schwarzen Afrika konfrontiert gesehen hätte, gegen die Armeen eines afrikanisehen Bundes hätte kämpfen müssen.)

Aufgrund des Zeitpunktes und des Ortes seiner Entstehung hätte sich der Zionismus nicht anders entwickeln können. Er war völlig mit sich selbst beschäftigt, mit seiner großen nationalen und sozialen Vision, mit den Gefahren, die den europäischen Juden drohten. Er war zu sehr beschäftigt mit den Problemen, die er in den Ländern, die er

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